Der Kassationshof präzisiert das Ausmaß einer Lohnrückforderung durch den Arbeitgeber, im Falle eines zu Unrecht gezahlten Lohnes an den Arbeitnehmer.

Wenn der Arbeitgeber einen Lohn auszahlt, bezahlt er für den Arbeitgeber den sogenannten Berufssteuervorabzug. Hierbei handelt es sich um einen Teil des Lohns des Arbeitnehmers, der dafür genutzt wird, um die Einkommenssteuer zu zahlen.

Der Arbeitgeber bezahlt ebenfalls den Arbeitnehmeranteil der sozialen Lasten.

Es stellte sich die Frage, ob der Arbeitgeber, wenn er eine Lohnrückzahlungsforderung gegen den Arbeitnehmer stellt, auch diesen Berufssteuervorabzug und den Arbeitnehmeranteil der sozialen Lasten zurückfordern kann.

Der Arbeitsgerichtshof hat entschieden, dass nur das zurückgefordert werden kann, was der Arbeitnehmer effektiv erhalten hat, sprich das Nettogehalt, ohne die eben erwähnten Beträge.

Der Kassationshof annullierte diese Entscheidung teilweise und entschied, dass diese Sichtweise des Berufungsgerichts nur teilweise richtig ist. Der Arbeitnehmer muss den Berufssteuervorabzug zurückerstatten, jedoch nicht den Arbeitnehmeranteil an den sozialen Lasten (Kass., 16/09/2019, S. 17.0079.F-S.18.0042F). 

 

Das Arbeitsgericht kann die Nichtigkeit, die aus der Nichtanhörung eines Sozialversicherten durch das LFA (ONEM) resultiert, korrigieren.

Bevor es eine Entscheidung trifft, muss der Sozialversicherte vom LFA (ONEM) angehört werden und dies unter Strafe der Nichtigkeit der Verwaltungsentscheidung.

Demnach, wenn diese Anhörung nicht stattgefunden hat und der Sozialversicherte einen Einspruch einlegt, muss das Arbeitsgericht die Entscheidung des Landesamts für Arbeitsbeschaffung annullieren. Es entspricht jedoch der gängigen Rechtsprechung, dass das Arbeitsgericht dann eine neue Entscheidung treffen muss. Es stellte sich jedoch die Frage, ob das Gericht sich auf die Dokumente der Verwaltungsakte des Landesamtes beziehen darf, über die, per Definition, keine Anhörung stattgefunden hat? Der Kassationshof hat nun entschieden, dass das Gericht sowohl diese Aktenstücke, als auch andere, die nachgereicht werden, berücksichtigen darf, weil der Sozialversicherte im Rahmen des Verfahrens, wie bei einer Anhörung, die Möglichkeit hat, sich darüber zu äußern ( Kass., S.18.0096.F).

EuGH : Die elementarsten Bedürfnisse (Unterbringung, Verpflegung u. Kleidung) eines Asylsuchenden müssen auch im Falle einer Sanktion wegen Verstoßes gegen die Hausordnung gedeckt werden.

Ein Asylsuchender hat in der Regel Anrecht auf materielle Hilfe. Diese besteht zunächst in der Unterbringung in einem Asylbewerberheim. Konkret bedeutet dies, dass der Asylsuchende in diesem Rahmen neben einer Unterkunft, Nahrung, Kleidung, medizinische Versorgung und soziale, psychologische und juristische Begleitung erhält.

Die belgische Gesetzgebung sieht vor, dass Asylsuchende vorübergehend vom Recht auf materielle Hilfe ausgeschlossen werden können, wenn sie gegen die Hausordnung eines Asylbewerberheims verstoßen.

Der EuGH hat nun entschieden, dass Sanktionen wegen grober Verstöße gegen die Vorschriften der Unterbringungszentren oder grob gewalttätigen Verhaltens nicht darin bestehen dürfen, auch nur zeitweilig das Recht auf Unterkunft, Verpflegung und Kleidung zu entziehen, da eine solche Sanktion Asylbewerbern die Möglichkeit nähme, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen (Entscheid C-233/18 vom 12. November 2019).

Behindertenbeihilfe: Auch Personen mit subsidiären Schutz haben ein Anrecht.

Um in Belgien eine Beihilfe für Personen mit Behinderung zu erhalten, muss man laut Gesetz Belgier, Unionsbürger, Staatenloser, Flüchtling oder unter gewissen Bedingungen Marokkaner, Algerier oder Tunisier sein. Personen mit subsidiärem Schutz (einer gewissen Form von Asyl/internationalem Schutz) werden gesetzlich vom Anrecht auf eine Behindertenbeihilfe ausgeschlossen.

Eine europäische Richtlinie sieht jedoch vor, dass Personen, denen Asyl/internationaler Schutz gewährt wurde, im Prinzip unter denselben Bedingungen wie Staatsangehörige Anrecht auf Sozialhilfeleistungen haben. Unter gewissen Bedingungen ist möglich, Ausnahmen zu machen.

Der Arbeitsgerichtshof Brüssel (Entscheid Nr. 2018/AB/223 vom 15. April 2019) ist der Ansicht, dass diese Bedingungen, um eine Ausnahme für Personen mit subsidiärem Schutz zu machen, nicht erfüllt sind und Personen mit subsidiärem Schutz demnach ebenfalls Anrecht auf Behindertenbeihilfen haben. Dem europäischen Recht müsse Vorrang gegenüber der belgischen Gesetzgebung gegeben werden.

Der Kassationshof stärkt die Rechte der Arbeitslosen:

Bevor das Landesamt für Arbeitsbeschaffung eine Entscheidung trifft, die zur Folge hat, dass das Recht auf Arbeitslosenunterstützung ausgesetzt oder abgelehnt wird, oder der Antragsteller eine Ausschlussstrafe erhält, muss der Direktor, oder die Person, die er hierfür delegiert, den Sozialversicherten anhören. Diese Formalität ist substanziell und somit der Nichtigkeit unterworfen, was dazu führt, dass, wenn die Person nicht angehört wurde, oder aber durch eine Person angehört wurde, die nicht die Delegation des Direktors erhalten hat, die darauffolgende Entscheidung nichtig ist.

Selbst wenn die Arbeitsgerichtsbarkeit die Nichtigkeit dieser Entscheidung ausspricht, muss sie eine neue Entscheidung bezüglich der Rechte des Sozialversicherten aussprechen. Wenn die Arbeitsgerichtsbarkeit eine Entscheidung des Landesamts für Arbeitsbeschaffung annulliert und eine neue Entscheidung trifft, gilt die Verjährung auf Rückforderungen von zu Unrecht gezahlten Arbeitslosenunterstützungen ab dem Tag an dem die Arbeitsgerichtsbarkeit mit dem Fall befasst worden ist und nicht ab dem Tag der Notifizierung der Entscheidung des Landesamts für Arbeitsbeschaffung (Kass., 20/05/2019 S. 16.0094. F).

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