Verfassungsgerichtshof kippt Gesetz über steuerfreien Nebenverdienst.

Das Gesetz vom 18. Juli 2018 zur Belebung der Wirtschaft und zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts ermöglicht es Arbeitnehmern, Selbstständigen, Beamten oder Rentnern steuer- und sozialleistungsfrei 500 €/Monat (max. 6.000 € pro Jahr) hinzu zu verdienen für Leistungen, die im Rahmen von Vereinigungen erbracht werden, für gelegentliche Leistungen zwischen Bürgern oder Leistungen, die über eine Online-Plattform erbracht werden.

Die Gesetzgebung galt beispielsweise für folgende Aktivitäten: Sporttrainer, Schiedsrichter, Hausmeister von Sport- oder Kultureinrichtungen, Museumsführer, …

Eine Reihe von Berufsverbänden und Gewerkschaften hatten vor dem Verfassungsgerichtshof gegen dieses Gesetz geklagt.

Dieser ist nun (Entscheid Nr. 53/2020 vom 23. April 2020) zu dem Schluss gekommen, dass dieses Gesetz nicht mit dem Gleichheitsprinzip vereinbar ist, da die Personen, die von diesem System profitieren können, im Vergleich zu den „festen Arbeitnehmern“ einer Vereinigung oder Selbständigen, die vergleichbare Leistungen erbringen und deren Entlohnung vollständig steuerpflichtig ist steuerlich bevorteilt werden, andererseits jedoch nicht denselben sozialrechtlichen Schutz wie ein fester Arbeitnehmer haben und in diesem Punkt benachteiligt werden. Es gebe jedoch keine Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlungen.

Das Gesetz wurde folglich für nichtig erklärt, findet jedoch noch bis zum 31. Dezember 2020 Anwendung, um keine rechtliche Unsicherheit für die betroffenen Personen und Vereinigungen zu schaffen. Das bedeutet, dass das bestehende System bis Ende des Jahres weiterhin angewandt werden darf, ab 2021 jedoch nicht mehr.

COVID-19: Asylbewerber dürfen bis zum 30. Juni 2020 in den kritischen Sektoren arbeiten, auch wenn ihr Asylantrag vor weniger als vier Monaten eingereicht wurde.

Ausländer, die über eine Eintragungsbescheinigung – Muster A (sog. „orange Karte“) verfügen, da sie in Belgien einen Asylantrag eingereicht haben, dürfen im Prinzip erst dann in Belgien arbeiten, wenn sie innerhalb der ersten vier Monate ab Einreichung ihres Asylantrages keine negative Entscheidung des Generalkommissariats für Flüchtlinge und Staatenlose erhalten haben.

Durch den Sonderbefugniserlass Nr. 14 vom 27. April 2020 wurde diese Wartezeit aufgehoben: Asylantragsteller müssen somit nicht mehr vier Monate abwarten, um in Belgien arbeiten zu dürfen, vorausgesetzt sie haben ihren Asylantrag vor dem 18. März 2020 eingereicht und der Arbeitgeber garantiert für den Empfang des Asylantragstellers.

Zu den kritischen Sektoren gehören beispielsweise der Lebensmittelsektor und die Landwirtschaft.

Zu Unrecht gezahlte Arbeitslosenunterstützungen: Die Bruttobeträge sind zurückzuerstatten.

Die Arbeitslosenunterstützung, die eine Person erhält, besteht aus dem Nettobetrag, den die entsprechende Person einkassiert und aus dem Steuervorabzug, den die Zahlstelle direkt an die Steuerverwaltung abführt.

Wenn jemand zu Unrecht Arbeitslosenunterstützung erhalten hat, wird diese zurückgefordert. Bezüglich der Frage, ob der Sozialversicherte nur die Beträge zurückzahlen muss, die er effektiv erhalten hat, oder auch die Summe, die die Zahlstelle sofort an die Steuerverwaltung bezahlt hat, war der Arbeitsgerichtshof Lüttich der Ansicht, dass nur der Nettobetrag zurückgefordert werden kann.

Der Kassationshof hat diese Entscheidung kassiert. Die Gerichte müssen den Sozialversicherten zur Rückzahlung des Bruttobetrags, d.h. der Summe, die er erhalten hat und der Summe, die an das Steueramt abgeführt wurde, verurteilen (Kass., 02/12/2019, S. 19.0038.F).

Neues bezüglich der Zuständigkeit der öffentlichen Sozialhilfezentren (Ö.S.H.Z).

Wenn vor Gericht eine Angelegenheit zwischen einem Sozialhilfesuchenden und einem ÖSHZ eingeleitet wird, und das ÖSHZ seine territoriale Zuständigkeit bestreitet (wenn es der Ansicht ist, dass ein anderes ÖSHZ sich um den Sozialhilfesuchenden kümmern müsste), muss das Gericht das ÖSHZ, das seiner Meinung nach zuständig sein könnte, in das Verfahren einbeziehen. 

Der Kassationshof urteilte jedoch, dass diese Verpflichtung nur besteht, wenn das Gericht aufgrund des Antrags, der hinterlegten Akte und der Prozedurstücke mit ausreichender Sicherheit erkennen kann, welches ÖSHZ vermutlich zuständig ist. In Ermangelung konkreter Elemente, welches andere ÖSHZ zuständig sein könnte, kann das Gericht dem Antrag auf Unzuständigkeit des verklagten ÖSHZ stattgeben, ohne ein anderes ÖSHZ mit einzubeziehen (Kass., 28/10/2019, S.19.0010.F).

Der Rückforderungsanspruch des Landesamts für Arbeitsbeschaffung bezüglich zu Unrecht bezahlter Arbeitslosenunterstützung darf, in der Regel, nicht gekürzt werden, wenn das Landesamt ein Fehler begangen hat.

Das Gesetz sieht drei Arten von Arbeitslosenunterstützungssätzen vor, und zwar die für den Arbeitslosen mit Familienlast, die für den alleinlebenden Arbeitslosen und die für alle anderen.

Es stellte sich die Frage, ob ein Kläger, der den geringsten Satz an Arbeitslosenunterstützung erhielt, weil seine Ehefrau ein Einkommen hatte, den Arbeitslosenunterstützungssatz mit Familie zu Lasten beantragen konnte, weil seine Frau ins Gefängnis musste und er alleine mit seinen Kindern lebte. Dies wurde vom Arbeitsgerichtshof Brüssel und vom Kassationshof verneint. Es gibt eine klare gesetzliche Bestimmung, die vorsieht, dass der Arbeitslosenunterstützungssatz während der ersten zwölf Monate, die eine Person im Gefängnis ist, nicht ändert.

Insofern der Kläger Arbeitslosenunterstützung zum Satz als Familienvorstand erhalten hat, und diese nicht erhalten durfte, hat das Landesamt für Arbeitsbeschaffung eine Rückforderung gestellt. Der Arbeitsgerichtshof hat diese Rückforderung auf 20 % der zu unrechtgezahlten Arbeitslosenunterstützungen reduziert, weil er der Ansicht war, dass das Landesamt für Arbeitsbeschaffung die Situation des Klägers hätte prüfen müssen und, dass, ohne diesen Fehler, der Rückstand nicht so hoch gewesen wäre.

Der Kassationshof kassierte diese Entscheidung mit der Begründung, dass die Verpflichtung eine zu unrechterhaltene Summe zurückzuzahlen kein Schaden im Sinne der Artikel 1382 und 1383 ZGB ist, weil die Rückerstattungspflicht auf eine Person lastet, die nie das Recht hatte, die entsprechende Summe zu erhalten (Kass., 28/10/2019, S.18.0075.F).

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