Spurwechsel im Falle von Arbeiten : Rechtsvorfahrt oder Manöver?

Das Fahrzeug A befährt eine Fahrspur, bevor er auf Arbeiten trifft, die ihn dazu zwingen auf eine andere Fahrspur in die gleiche Richtung zu wechseln.

 Handelt es sich hierbei um ein Manöver, was bedeuten würde, dass A den Verkehrsteilnehmern, auf der anderen Fahrspur, im Regelfall, immer die Vorfahrt gewähren müsste, oder gelten in diesem Fall andere Verkehrsregeln?

 Der Kastrationshof hat entschieden, dass in einem solchen Fall die Rechtsvorfahrt gilt. Dies bedeutet, dass, wenn A von einer rechten Fahrbahnspur auf eine linke Fahrbahnspur wechseln möchte, er Vorfahrtsberechtigt ist (Kass., 22/03/2021, C.20.0298.N).

Der Verkehrsteilnehmer, der vor Ort bleibt, kann Fahrerflucht begehen!

Eine Person, die einen Unfall verursacht hat, kann wegen Fahrerflucht verurteilt werden, obwohl sie vor Ort bleibt, wenn sie sich den Beamten nicht als Fahrer des Unfallswagens bekannt gegeben hat. Diese Verpflichtung schändet auch nicht den Grundsatz, dass man nicht verpflichtet werden darf, sich selbst zu beschuldigen (Kass., 22/02/2022, P. 21.1433.N).

Die Herausgabe der Identität des Fahrers: Der Gegenbeweis muss möglich bleiben

Artikel 67ter des Gesetzes bezüglich des Straßenverkehrs sieht vor, dass, wenn eine Straftat mit einem Auto begangen wird, dessen Fahrer nicht identifiziert werden konnte, der Inhaber des Nummernschilds (eine natürliche Person oder eine juristische Person), die Verpflichtung hat, sobald er eine entsprechende Frage von den verfolgenden Behörden erhalten hat, die Identität des Fahrers zum Zeitpunkt der Straftat mitzuteilen.

Damit diese Verpflichtung besteht, muss eine entsprechende Anfrage gestellt worden sein.  Es reicht darüber hinaus nicht aus, einfach zu bestreiten, eine Anfrage erhalten zu haben, wenn die verfolgende Behörde angibt, diese versandt zu haben.

Der Kassationshof entschied, dass ein Richter, aus dem Umstand, dass der Polizist oder die Staatsanwaltschaft angibt, dass die Anfrage verschickt worden ist, ableiten kann, dass der Zuwiderhandelnde diese Anfrage auch erhalten hat, und wenn er angibt diese nicht erhalten zu haben, kann das Gericht davon ausgehen, dass dies durch seinen Fehler geschehen ist.  Dieser Gedankengang darf jedoch nicht automatisch sein.  Das Gericht muss dem Beschuldigten die Möglichkeit geben, den negativen Beweis zu erbringen, dass er die Anfrage nicht erhalten hat.  Das Urteil eines Gerichts, welches diesen Beweis nicht zulässt, wird annulliert (Kass.; 14/12/2021, P.21.1108.N).

Ein Fahrverbot gilt auch für Motorfahrzeuge, wofür man keinen Führerschein braucht

Wenn jemand ein Fahrverbot auferlegt bekommen hat, stellt sich die Frage, ob dieses Fahrverbot auch für Fahrzeuge gilt, für die man kein Führerschein braucht, wie zum Beispiel leichte Mopeds.

Insofern das Gesetz vorsieht, dass der Richter ein Fahrverbot für Motorfahrzeuge ausspricht, gilt das Fahrverbot für sämtliche Fahrzeuge, die einen Motor haben, ungeachtet dessen, ob ein Führerschein notwendig ist oder nicht (Kass., 25/05/2021, P.21.0345.N).

Es gibt Fälle, in denen die Wiedererlangung des Rechtes zu fahren, davon abhängig gemacht wird, dass die bestrafte Person verschiedene Prüfungen besteht.  In diesen Fällen, selbst wenn das Fahrverbot abgelaufen ist, bekommt der Betroffene seine Fahrerlaubnis erst zurück, wenn er die entsprechenden Prüfungen bestanden hat.

In diesem Fall gilt jedoch, dass er nach dem Ablauf des Fahrverbots und auch wenn er die entsprechenden Prüfungen noch nicht bestanden hat, sämtliche Motorfahrzeuge fahren darf, für die kein Führerschein notwendig ist (Kass., 21/01/2020).

Der Kassationshof präzisiert die Verpflichtungen der Polizisten im Rahmen der Alkoholkontrollprozedur im Straßenverkehr:

Die Alkoholkontrollprozedur im Straßenverkehr wird unter anderem durch einen königlichen Erlass vom 21. April 2007 geregelt. Dort steht unter anderem geschrieben, dass, wenn ein Autofahrer in eine Alkoholkontrolle gerät, er das Recht hat, wenn die erste Atemanalyse den Grenzwert überschreitet, eine 2. Atemanalyse fordern kann.

Vor der niederländischsprachigen Strafkammer des Gerichts Erster Instanz Brüssel stellte sich die Frage, ob der Beamte den Fahrer ausdrücklich darauf aufmerksam machen muss, dass er das Recht auf eine 2. Atemanalyse hat und, ob das Gericht aus dem Umstand, dass die Polizisten im Protokoll aufführen, dass der Prozedur, wie sie durch den Erlass vom 21. April 2007 vorgesehen ist, Genüge getan wurde, ableiten können, dass wirklich sämtliche Garantien, die in dieser Bestimmung verankert sind, respektiert wurden.

Das eben genannte Strafgericht entschied in diese Richtung und der Kassationshof bestätigte dieses Urteil.

Daraus folgt, dass die Beamten weder eine Verpflichtung haben den Kontrollierten auf das Recht eine zu fordern 2. Atemanalyse hinzuweisen müssen, noch etwas anders in ihrem Protokoll schreiben müssen als, dass den Bestimmungen des Erlasses vom 21. April 2007 Genüge getan wurde, damit die Rechtmäßigkeit dieser Prozedur nicht mehr infrage gestellt werden kann (Kass., 23/02/2021, P. 20.1209.N).

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