Der Kassationshof präzisiert einige Rechtsregeln bezüglich der strafrechtlichen Beschlagnahmung:

Wenn ein Straftäter verurteilt wird, weil er eine oder mehrere Straftaten begangen hat, sieht das Gesetz, unter gewissen Voraussetzungen, zwingend vor, dass gewisse Dinge beschlagnahmt werden.  Manchmal ist diese Beschlagnahmung fakultativ.

Artikel 204 des Strafverfolgungsgesetzbuchs sieht vor, dass der Berufungsrichter, außer in den Ausnahmefällen, die in Artikel 210, Absatz 2 des Strafverfolgungsgesetzbuches aufgeführt sind, nur über die Kritikpunkte befinden kann, über die es durch den Berufungsantrag befasst wurde.

In einer Angelegenheit, in welcher der Straftäter der Beschlagnahmung in der ersten Instanz entgangen ist, hat die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, hat jedoch nicht mitgeteilt, dass die Berufung auch die Entscheidung betrifft, dass keine Beschlagnahmung angeordnet wurde. 

Der Kassationshof hat jedoch entschieden, dass es reicht, wenn die Staatsanwaltschaft bezüglich der Strafe im Allgemeinen in Berufung geht, damit das Berufungsgericht auch mit der Frage der Beschlagnahmung befasst ist.

Wenn die Beschlagnahmung fakultativ ist, sieht das Gesetz vor, dass die Staatsanwaltschaft diese mittels schriftlicher Anträge verlangt.  Der Kassationshof entschied, dass diese Formbestimmung als beachtet gilt, wenn ein mündlicher Antrag der Staatsanwaltschaft im Sitzungsblatt notiert wird (Kass., 12/09/2018, P. 18.0350).

Der Verfassungsgerichtshof erklärt eine Gesetzeslücke in den Bestimmungen bezüglich der Karriereunterbrechungen für verfassungswidrig.

Wenn ein Arbeitnehmer auf Grundlage des Gesetzes vom 22. Januar 1985 eine Karriereunterbrechung erhält, hat er, unter gewissen Voraussetzungen, einen Anspruch auf eine Unterstützung. Wenn diese Unterstützung zu Unrecht gezahlt wurde, wird diese zurückgefordert. Im Allgemeinen gilt, dass Sozialrechteinrichtungen Unterstützungen oder Entschädigungen, die zu Unrecht bezahlt wurden zurückfordern. Im Gegensatz zu verschiedenen anderen Gesetzgebungen, sehen die Bestimmungen bezüglich der Rückforderbarkeit der Unterstützungen, die im Rahmen der Karriereunterbrechungen bezahlt wurden jedoch nicht vor, dass die Ansprüche der rückfordernden Behörde eingeschränkt werden, wenn der Arbeitnehmer, der diese Gelder erhält gutgläubig ist. Diese Lücke verstößt gegen das Gleichheits-und nicht Diskriminierungsverbot und ist somit verfassungswidrig (VGH, 7. Juni 2018, n° 71/2018, Staatsblatt, 12/11/2018).

Der Verfassungsgerichtshof validiert die pauschale Einschätzung eines Wertverlustes, der durch eine Änderung eines Raumordnungsplans entsteht.

Wenn ein Grundstück, dass sich ursprünglich in einer bebaubaren Zone befand, durch eine Abänderung eines Raumordnungsplans diese Eigenschaft verliert, steht dem Eigentümer eine Entschädigung zu. In der flämischen Region entspricht diese Entschädigung jedoch nicht dem realen Wertverlust (In der Wallonie übrigens auch nicht). In der Tat wird der Ursprungswert des Grundstücks auf eine Weise ermittelt, die nicht unbedingt dem Ursprungswert entspricht und, die Wertentwicklung zwischen der Anschaffung des Gutes und der Planänderung wird den Indexschwankungen angepasst, ohne irgendwelche andere Faktoren zu berücksichtigen. Schließlich erhält das „Opfer“ dieser städtebaulichen Maßnahme auch nur 80 % des ermittelten Wertverlusts. Durch seinen Entscheid vom 7. Juni 2018 (66/2018) entschied der Verfassungsgerichtshof, dass diese Gesetzgebung nicht gegen die Art. 10 und 11 der Verfassung verbunden mit Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur Menschenrechtskonvention verstößt (Staatsblatt, 12/11/2018).

Integrationsbemühungen eines Ausländers : Die „gerichtliche Vergangenheit“ wurde aus der Liste der zu berücksichtigenden Kriterien gestrichen.

Mit einigen Ausnahmen (Flüchtlinge, gewisse Familienzusammenführungen, …) müssen Ausländer, die einen Aufenthalt in Belgien beantragen, sich verpflichten, die grundsätzlichen Werte und Normen der belgischen Gesellschaft einzuhalten. Sie werden darüber in Kenntnis gesetzt, dass das Ausländeramt ihre Integrationsbemühungen im Rahmen seiner Entscheidungen, beispielsweise bei der Verlängerung des Aufenthalts, berücksichtigen kann (so kann der Aufenthalt innerhalb der ersten fünf Jahre mangels Integrationsbemühungen entzogen werden). Das Gesetz enthält eine Liste der Kriterien, die hierbei überprüft werden: das Befolgen eines Integrationskurses, die Kenntnis der Sprache seines Wohnorts, … Auch die „gerichtliche Vergangenheit“ gehört zu den Kriterien, welche das Ausländeramt berücksichtigen sollte. Der Verfassungsgerichtshof (Entscheid Nr. 126/2018 vom 4. Oktober 2018) ist der Ansicht, dass dieses Kriterium, ohne Berücksichtigung der Schwere oder der Art der Straftat, so weit gefasst ist, dass die einfache Tatsache, dass eine Straftat begangen wurde, ausreichen könnte, zu schlussfolgern, dass der betroffene Ausländer nicht seinen Willen und seine Bemühungen zur Integration nachweist. Das Kriterium sei daher nicht verhältnismäßig in Bezug auf das verfolgte Ziel und wurde daher durch den Verfassungsgerichtshof aus der Liste der zu berücksichtigenden Kriterien gestrichen.

 

Einheitsstatut Arbeiter-Angestellte: Entlassungsklauseln höherer Angestellter bleiben anwendbar

Bis Ende 2013 konnten höhere Angestellte, also Arbeitnehmer mit einem Bruttoeinkommen von mehr als 32.254 €, mit ihrem Arbeitgeber Vereinbarungen bezüglich der einzuhaltenden Fristen im Falle einer Entlassung treffen. Mit der Einführung des Einheitsstatuts zwischen Arbeitern und Angestellten, das am 1. Januar 2014 in Kraft getreten ist, wurden diese Vereinbarungen aufgehoben und durch eine pauschale Entlassungsfrist von einem Monat pro Dienstjahr vor dem 1. Januar 2014 ersetzt. Mit andren Worten hat die Gesetzgebung zur Folge, dass abweichende Vereinbarungen bezüglich der einzuhaltenden Fristen, die vor dem Inkrafttreten des Einheitsstatuts gültig getroffen wurden, bei einer Entlassung von höheren Angestellten nach dem 31. Dezember 2013 nicht mehr angewandt werden dürfen. Entsprechende Vereinbarungen können laut Gesetzgebung jedoch weiterhin bei niederen Angestellten (deren Bruttogehalt zum 31. Dezember 2013 bis zu 32.254 € betrug) Anwendung finden. Der Verfassungsgerichtshof (Entscheid Nr. 140/2018 vom 18. Oktober 2018) hat nun für Recht gesagt, dass diese Situation diskriminierend ist. Demnach können die Arbeitsgerichte im Falle eines Streitfalls höhere Angestellte für den Zeitraum vor dem 31. Dezember 2013 weiterhin in den Genuss der vertraglichen Bestimmungen in Bezug auf die einzuhaltenden Entlassungsfristen kommen lassen.

 

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