Soziale Sicherheit: Betrügerischer Anschluss ist unabhängig vom Verhalten des Arbeiters.

Wenn eine Person für eine Andere arbeitet, kann dies, ungeachtet einiger anderer Möglichkeiten, eigentlich nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder im Rahmen eines selbstständigen Verhältnisses sein.  Zu Beginn der Zusammenarbeit müssen die Parteien die Natur der Zusammenarbeit definieren.

Wenn Sie davon ausgehen, dass ein vertragliches Arbeitsverhältnis besteht, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer beim Landesamt für soziale Sicherheit anmelden.  Wenn die Parteien davon ausgehen, dass es sich um ein Selbstständigenverhältnis handelt, dann muss der Selbstständige sich der sozialen Sicherheit für Selbstständige unterwerfen.

Es kommt schon mal vor, dass Personen, die eigentlich kein wirkliches Arbeitsverhältnis haben, sich bewusst der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer unterwerfen, weil aus diesem System gewisse Vorteile entstehen, die Selbstständige nicht haben.

Wenn ein Arbeiter betrügerisch der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer angeschlossen worden ist, kann das Landesamt für soziale Sicherheit 7 Jahre zurückgehen, um diesen betrügerischen Anschluss rückgängig zu machen.  Die Frage, die der Arbeitsgerichtshof Brüssel zu bewerten hatte, war, ob es dabei eine Rolle spielt, ob der Arbeiter an dem Betrug beteiligt war oder nicht.  Der Arbeitsgerichtshof Brüssel war der Ansicht, dass, insofern der Betrug nur beim Arbeitgeber vorlag und nicht beim Arbeiter, das Landesamt für soziale Sicherheit den Rauswurf aus der Sozialsicherheit nicht wegen einem ursprünglich betrügerischen Anschluss aussprechen durfte.

Der Kassationshof hat diese Entscheidung annulliert.  Die einzige Frage, die bewertet werden muss, ist, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer betrügerisch bei der sozialen Sicherheit angemeldet hat und wenn dies der Fall ist, kann das Landesamt für soziale Sicherheit 7 Jahre zurückgehen, um den Anschluss rückgängig zu machen (Kass., 16/12/2019, S. 18.0068).

Die Sozialsicherheitsbehörde ist beweispflichtig, was den Zeitpunkt des Versands der Entscheidung angeht.

Wenn eine Sozialsicherheitsbehörde eine Entscheidung trifft, die einen Sozialversicherten negativ beeinflusst, kann dieser einen Einspruch gegen diese Entscheidung einlegen.

Artikel 23 der Charta des Sozialsicherten sieht vor, dass diese Frist nicht weniger als drei Monate ab der Notifizierung (Versandt) dieser Entscheidung betragen darf.  Der Kassationshof urteilte, dass die Sozialversicherungsbehörde den Beweis erbringen muss, wann die Entscheidung notifiziert wurde und somit die Einspruchsfrist zu laufen beginnt (Cass., 18/11/2019, S.190003.F).

Verfassungsgerichtshof: Sanktionierender Beamter muss die Möglichkeit haben einen Strafaufschub oder eine Aussetzung der Strafverkündung zu gewähren.

Der Gemeinderat kann für gewisse Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung kommunale Verwaltungssanktionen anstelle einer strafrechtlichen Verfolgung vorsehen.

Dies gilt beispielsweise bei Falschparken oder -halten oder dem Befahren einer Fußgängerzone.

In solchen Fällen entscheidet ein sanktionierender Beamter über die Folgen des Verstoßes. Bisher ging man davon aus, dass er in diesem Zusammenhang keinen Strafaufschub, bzw. keine Aussetzung der Strafverkündung gewähren durfte.

Diese Auslegung ist laut Verfassungerichtshof (Entscheid Nr. 56/2020 vom 23. April 2020) jedoch diskrimierend, da im Rahmen einer Strafverfolgung ein Strafgericht die Möglichkeit hätte, einen solchen Aufschub oder eine solche Aussetzung zu gewähren.

Die bestehende Gesetzgebung muss daher so ausgelegt werden, dass sie einem sanktionierenden Beamten (und im Einspruchsverfahren dem Polizeigericht) erlaubt, entsprechende vorteilhafte Strafmodalitäten vorzusehen, auch wenn es sich lediglich um eine Verwaltungsstrafe handelt.

Verfassungsgerichtshof kippt Gesetz über steuerfreien Nebenverdienst.

Das Gesetz vom 18. Juli 2018 zur Belebung der Wirtschaft und zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts ermöglicht es Arbeitnehmern, Selbstständigen, Beamten oder Rentnern steuer- und sozialleistungsfrei 500 €/Monat (max. 6.000 € pro Jahr) hinzu zu verdienen für Leistungen, die im Rahmen von Vereinigungen erbracht werden, für gelegentliche Leistungen zwischen Bürgern oder Leistungen, die über eine Online-Plattform erbracht werden.

Die Gesetzgebung galt beispielsweise für folgende Aktivitäten: Sporttrainer, Schiedsrichter, Hausmeister von Sport- oder Kultureinrichtungen, Museumsführer, …

Eine Reihe von Berufsverbänden und Gewerkschaften hatten vor dem Verfassungsgerichtshof gegen dieses Gesetz geklagt.

Dieser ist nun (Entscheid Nr. 53/2020 vom 23. April 2020) zu dem Schluss gekommen, dass dieses Gesetz nicht mit dem Gleichheitsprinzip vereinbar ist, da die Personen, die von diesem System profitieren können, im Vergleich zu den „festen Arbeitnehmern“ einer Vereinigung oder Selbständigen, die vergleichbare Leistungen erbringen und deren Entlohnung vollständig steuerpflichtig ist steuerlich bevorteilt werden, andererseits jedoch nicht denselben sozialrechtlichen Schutz wie ein fester Arbeitnehmer haben und in diesem Punkt benachteiligt werden. Es gebe jedoch keine Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlungen.

Das Gesetz wurde folglich für nichtig erklärt, findet jedoch noch bis zum 31. Dezember 2020 Anwendung, um keine rechtliche Unsicherheit für die betroffenen Personen und Vereinigungen zu schaffen. Das bedeutet, dass das bestehende System bis Ende des Jahres weiterhin angewandt werden darf, ab 2021 jedoch nicht mehr.

COVID-19: Vorübergehende Anpassung der Prozedur beim Staatsrat (Aufschiebung von Fristen und schriftliches Verfahren).

Im Rahmen der Coronamaßnahmen wurde die Funktionsweise der Gerichte vorübergehend angepasst. Durch den Sonderbefugniserlass Nr. 12 vom 21. April 2020 wurde auch die Prozedur der Verwaltungsstreitsachenabteilung des Staatsrates angepasst.

Alle Fristen für die Einleitung eines Verfahrens (insbesondere Nichtigkeitsklagen) vor dem Staatsrat sowie alle Fristen, die im Rahmen der Bearbeitung einer Klage durch den Staatsrat (Hinterlegung von Schriftsätzen, …) einzuhalten sind, die zwischen dem 9. April und 3. Mai 2020 ausliefen, wurden automatisch bis zum 2. Juni 2020 verlängert.

Logischerweise gilt diese Fristverlängerung nicht für Eilverfahren (Aussetzungsklagen in äußerster Dringlichkeit). Solche Anträge werden weiterhin bearbeitet, können jedoch vorläufig ohne öffentliche Sitzung durch den Staatsrat in Beratung genommen werden, vorausgesetzt alle Parteien sowie der Auditor konnten schriftlich ihre Anmerkungen vorbringen. Eine Anhörung via Videokonferenz ist jedoch ebenfalls möglich.

Auch die „gewöhnlichen“ Verfahren vor dem Staatsrat (Nichtigkeitsklagen, Anträge auf Entschädigung) können, mittels Einverständnis aller Parteien, ohne öffentliche Sitzung durch den Staatsrat bearbeitet werden.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass die Fristen zwecks Einreichung und Bearbeitung von Klagen (mit Ausnahme der Klagen in äußerster Dringlichkeit) beim Staatsrat teilweise vorläufig verlängert wurden und vorläufig ein schriftliches Verfahren (ohne öffentliche Sitzung) Anwendung findet.

Wenn Sie sich die Frage stellen, ob Sie von dieser Fristverlängerung profitieren können, können Sie Kontakt mit unserer Kanzlei aufnehmen.

 

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