Bevorrechtigte Zuteilung einer Immobilie im Rahmen einer Erbschaft: Das Zusammenwohnen mit dem Verstorbenen gibt kein Vorrecht.

Aufgrund des Gesetzes vom 16. Mai 1900 bezüglich der Regelung der kleinen Erbschaften können verschiedene Erben in direkter Linie bevorrechtigt die Immobilie des Erblassers erhalten, insofern sie den Schätzpreis bezahlen.

Der Appellationshof Lüttich hat entschieden, dass, wenn mehrere Erben sich darum streiten, die Immobilie zu erhalten, derjenige, der mit dem Verstorbenen zusammengewohnt hat, zu bevorzugen ist.  Der Kassationshof hat diese Entscheidung gekippt.  Das Zusammenwohnen mit dem Verstorbenen kann kein Vorrecht im Sinne des Gesetzes vom 16. Mai 1900 bezüglich der kleinen Erbschaften begründen (Kass., 3/01/2020, C. 18.0477.F).

Keine Gnadenfristen im Falle des Einbehaltens der Sozialleistungen

Wenn eine Person zu Unrecht Sozialleistungen empfangen hat, müssen diese grundsätzlich von der Sozialleistungsbehörde zurückgefordert werden.  Das Gesetz sieht vor, dass die Sozialleistungsbehörde, um die zu Unrecht gezahlten Beträge zurückzuerhalten, 10% von den weiteren Zahlungen abhalten kann und, wenn der Sozialversicherte von dieser Behörde kein Geld mehr bekommt, kann sie sich an ihren Nachfolger wenden und diesen auffordern, die 10% einzubehalten.

Im Verpflichtungsrecht gibt es eine Bestimmung (Artikel 1244 ZGB), die es dem Schuldner erlaubt, das Gericht zu bitten, Zahlungsfristen vorzusehen.  Nun stellt er sich die Frage, ob ein Gericht Zahlungsfristen gewähren darf, die dazu führen, dass die Person, die zu Unrecht Sozialleistungen erhalten hat und diese zurückzahlen muss, weniger als 10% pro Monat abgehalten bekommt.  Der Kassationshof hat geurteilt, dass dies nicht der Fall ist.  Die Sozialleistungsbehörde muss die 10% abziehen können und die Gerichtsbarkeit darf keine großzügigeren Fristen einräumen (Kass., 16/12/2019, S. 19.0046.F).

Soziale Sicherheit: Betrügerischer Anschluss ist unabhängig vom Verhalten des Arbeiters.

Wenn eine Person für eine Andere arbeitet, kann dies, ungeachtet einiger anderer Möglichkeiten, eigentlich nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder im Rahmen eines selbstständigen Verhältnisses sein.  Zu Beginn der Zusammenarbeit müssen die Parteien die Natur der Zusammenarbeit definieren.

Wenn Sie davon ausgehen, dass ein vertragliches Arbeitsverhältnis besteht, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer beim Landesamt für soziale Sicherheit anmelden.  Wenn die Parteien davon ausgehen, dass es sich um ein Selbstständigenverhältnis handelt, dann muss der Selbstständige sich der sozialen Sicherheit für Selbstständige unterwerfen.

Es kommt schon mal vor, dass Personen, die eigentlich kein wirkliches Arbeitsverhältnis haben, sich bewusst der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer unterwerfen, weil aus diesem System gewisse Vorteile entstehen, die Selbstständige nicht haben.

Wenn ein Arbeiter betrügerisch der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer angeschlossen worden ist, kann das Landesamt für soziale Sicherheit 7 Jahre zurückgehen, um diesen betrügerischen Anschluss rückgängig zu machen.  Die Frage, die der Arbeitsgerichtshof Brüssel zu bewerten hatte, war, ob es dabei eine Rolle spielt, ob der Arbeiter an dem Betrug beteiligt war oder nicht.  Der Arbeitsgerichtshof Brüssel war der Ansicht, dass, insofern der Betrug nur beim Arbeitgeber vorlag und nicht beim Arbeiter, das Landesamt für soziale Sicherheit den Rauswurf aus der Sozialsicherheit nicht wegen einem ursprünglich betrügerischen Anschluss aussprechen durfte.

Der Kassationshof hat diese Entscheidung annulliert.  Die einzige Frage, die bewertet werden muss, ist, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer betrügerisch bei der sozialen Sicherheit angemeldet hat und wenn dies der Fall ist, kann das Landesamt für soziale Sicherheit 7 Jahre zurückgehen, um den Anschluss rückgängig zu machen (Kass., 16/12/2019, S. 18.0068).

Die Sozialsicherheitsbehörde ist beweispflichtig, was den Zeitpunkt des Versands der Entscheidung angeht.

Wenn eine Sozialsicherheitsbehörde eine Entscheidung trifft, die einen Sozialversicherten negativ beeinflusst, kann dieser einen Einspruch gegen diese Entscheidung einlegen.

Artikel 23 der Charta des Sozialsicherten sieht vor, dass diese Frist nicht weniger als drei Monate ab der Notifizierung (Versandt) dieser Entscheidung betragen darf.  Der Kassationshof urteilte, dass die Sozialversicherungsbehörde den Beweis erbringen muss, wann die Entscheidung notifiziert wurde und somit die Einspruchsfrist zu laufen beginnt (Cass., 18/11/2019, S.190003.F).

Verfassungsgerichtshof: Sanktionierender Beamter muss die Möglichkeit haben einen Strafaufschub oder eine Aussetzung der Strafverkündung zu gewähren.

Der Gemeinderat kann für gewisse Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung kommunale Verwaltungssanktionen anstelle einer strafrechtlichen Verfolgung vorsehen.

Dies gilt beispielsweise bei Falschparken oder -halten oder dem Befahren einer Fußgängerzone.

In solchen Fällen entscheidet ein sanktionierender Beamter über die Folgen des Verstoßes. Bisher ging man davon aus, dass er in diesem Zusammenhang keinen Strafaufschub, bzw. keine Aussetzung der Strafverkündung gewähren durfte.

Diese Auslegung ist laut Verfassungerichtshof (Entscheid Nr. 56/2020 vom 23. April 2020) jedoch diskrimierend, da im Rahmen einer Strafverfolgung ein Strafgericht die Möglichkeit hätte, einen solchen Aufschub oder eine solche Aussetzung zu gewähren.

Die bestehende Gesetzgebung muss daher so ausgelegt werden, dass sie einem sanktionierenden Beamten (und im Einspruchsverfahren dem Polizeigericht) erlaubt, entsprechende vorteilhafte Strafmodalitäten vorzusehen, auch wenn es sich lediglich um eine Verwaltungsstrafe handelt.

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