Verjährungsunterbrechung durch ein Anwaltsschreiben : Die gesetzlichen Bedingungen sind strikt einzuhalten.

In der Regel kann der Anspruch einer Partei verjähren, wenn er nicht innerhalb einer Frist, die durch das Gesetz vorgesehen wird, geltend gemacht wird.  Es gibt jedoch gewisse Unterbrechungs- und Aufhebungsgründe der Verjährung.

So kann zum Beispiel ein Schreiben eines Anwalts an die Gegenpartei die Verjährung des Anspruchs, den sein Mandant geltend machen will, unterbrechen.

Artikel 2244 ZGB sieht jedoch eine Reihe von Bedingungen vor, die erfüllt sein müssen, damit die Verjährungsunterbrechung eintreten kann.

Der Kassationshof urteilte nun, dass diese Bedingungen strikt einzuhalten sind.

In einer Angelegenheit, in der ein Rechtsanwalt das Schreiben per Einschreiben geschickt hat, obwohl das Gesetz vorsieht, dass das Schreiben per Einschreiben mit Rückschein versendet werden muss, hat der Kassationshof entschieden, dass dem Dokument keine verjährungsunterbrechende Wirkung zugesprochen werden kann, obwohl es zwischen den Parteien nicht strittig war, dass der Empfänger den normalen Einschreibebrief erhalten hat (Kass., 15/06/2020, S. 19.0055.N).

 

Verfassungsgerichtshof äußert sich zu den verjährungsunterbrechenden Folgen von Nichtigkeitsklagen beim Staatsrat

Art. 2244 des sog. „alten Zivilgesetzbuches“ legt die Fälle fest, in denen die zivilrechtlichen Verjährungsfristen unterbrochen werden.

Eine Unterbrechung der Verjährungsfrist führt dazu, dass, insofern die Verjährung noch nicht eingetreten war, eine neue Verjährungsfrist selber Dauer wie derjenigen der ursprünglichen Frist entsteht. Im Falle einer Ladung vor Gericht läuft diese neue Frist erst ab dem Zeitpunkt, wo die Endentscheidung verkündet wird.

In Artikel 2244 Abs. 3 des alten Zivilgesetzbuches ist vorgesehen, dass eine vor dem Staatsrat gegen einen Verwaltungsakt eingereichte Nichtigkeitsklage, was Klagen auf Wiedergutmachung des durch den Verwaltungsakt verursachten Schadens betrifft, dieselben Wirkungen wie eine Ladung vor Gericht hat.

Dies hat u.a. zur Folge, dass, wenn eine Schadensersatzklage gegen die Behörde, die den Verwaltungsakt verabschiedet hat, noch möglich war, bevor die Klage vor dem Staatsrat eingereicht wurde (was in der Regel der Fall ist) und der Staatsrat den Verwaltungsakt für nichtig erklärt, ab dem Tag, an dem der Staatsrat sein Urteil verkündet, eine neue Verjährungsfrist läuft, um eine Klage auf Schadensersatz wegen des für nichtig erklärten Verwaltungsaktes einreichen zu können.

Der Verfassungsgerichtshof hat nun klargestellt, dass, in einem solchen Fall, nicht nur die Antragsteller vor dem Staatsrat von der verjährungsunterbrechenden Wirkung profitieren können, sondern auch Personen, welche die Folgen einer solchen Nichtigkeitserklärung erleiden (VGH, Entscheid Nr. 21/2021 vom 11. Februar 2021).

Staatsrat zu Familienzusammenführungen mit einem sesshaften Belgier: Einkommensgarantie für Betagte darf nicht als Existenzmittel berücksichtigt werden

Durch Entscheid Nr. 249.844 vom 16. Februar 2021 hat der Staatsrat, in vereinigten Kammern, entschieden, dass bei einer Familienzusammenführung mit einem Belgier, der nicht von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, die Einkommensgarantie für Betagte nicht als Existenzmittel berücksichtigt werden darf, da es sich um eine Form der Sozialhilfe handeln würde.

Zuvor hatte der Rat für Ausländerstreitsachen, ebenfalls in vereinigten Kammern, entschieden, dass die Einkommensgarantie für Betagte als Existenzmittel berücksichtigt werden darf, da sie als solche im Gesetz nicht unter den ausgeschlossenen Existenzmitteln genannt würde (Entscheid Nr. 232.987 vom 21. Februar 2020). Dieser Entscheid wurde demnach durch den Staatsrat kassiert.

Zur Erinnerung: Wird eine Familienzusammenführung mit einem (volljährigen) Belgier beantragt, der nie im EU-Ausland gelebt oder gearbeitet hat, muss nachgewiesen werden, dass dieser über stabile, ausreichende und regelmäßige Existenzmittel verfügt.

Der Staatsrat ist also – entgegen der bisherigen Auffassung des Rates für Ausländerstreitsachen – der Ansicht, dass die Einkommensgarantie für Betagte bei der Bestimmung dieser Existenzmittel nicht berücksichtigt werden darf.

Die Risiken der verkauften Sache folgen der Eigentumsübertragung

Wenn ein Verkäufer einem Käufer einen Gegenstand verkauft, gilt grundsätzlich, dass ab dem Zeitpunkt, an dem die Parteien sich geeinigt haben, das Eigentum an den Käufer übertragen wird, ungeachtet der Tatsache, ob der Gegenstand schon zu Händen des Käufers geliefert wurde.

Daraus resultiert, dass der Käufer auch die Risiken, die mit der verkauften Sache verbunden sind, ab diesem Zeitpunkt erhält.  Wenn die verkaufte Sache zum Beispiel durch ein unvorhersehbares Feuer vernichtet wird, wird dies zu Lasten des Käufers sein.

Vertraglich kann man den Zeitpunkt der Eigentumsübertragung, abweichend von dem eben genannten Prinzip, festlegen.  Wenn dies der Fall ist, dann werden die Risiken auch erst zu diesem Zeitpunkt übertragen, es sei denn der Vertrag regelt diese Frage anders (Kass., 29/05/2020, C.19.0292.F).

Das gemeinsame Eigentum in Immobilien mit mehreren Appartements darf ohne richerliche Erlaubnis betreten werden.

Eine beschuldigte Person warf auf, dass die Polizisten nicht zu seinem Privatappartement hätten gelangen können, insofern sie keine richterliche Erlaubnis hatten, um in die Gemeinschaftsteile des Miteigentums zu gehen.

Der Kassationshof entschied jedoch, dass das gemeinschaftliche Eigentum der Miteigentümer in mehr Appartementhäusern nicht durch Artikel 15 der Verfassung, welche die Unverletzbarkeit des Privatwohnortes vorsieht, geschützt ist und die Beamten somit keine richterliche Erlaubnis benötigten, um diesen Teil zu betreten. (Kass., 27/05/2020, P. 20.0522.F)

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