Der Kassationshof präzisiert das Ausmaß der Verpflichtung auf Rückzahlung der Prämien durch die Versicherung, im Fall von nicht angezeigten neuen, oder veränderten Umständen, die das versicherte Risiko beeinflussen.

Außer bei Lebensversicherungen, oder bei Kredit-und Krankenversicherungen hat der Versicherungsnehmer die Verpflichtung, während der Versicherungsvertrag läuft, der Versicherungsgesellschaft alle neuen oder veränderten Umstände mitzuteilen, die einen Einfluss auf das versicherte Risiko haben.

Wenn der Versicherungsnehmer dies versäumt, kommt es im Schadensfall entweder zu einer proportionalen Reduzierung der Eintrittspflicht der Versicherungsgesellschaft, oder, wenn die Versicherungsgesellschaft belegen kann, dass sie, wenn sie die veränderten oder neuen Umstände gekannt hätte, den Versicherungsvertrag nicht abgeschlossen hätte, zu einer Eintrittsweigerung. In diesem letzten Fall muss die Versicherungsgesellschaft die Prämien, die gezahlt worden sind, zurückzahlen. Es stellte sich die Frage, ob die Prämien, die während der Gesamtdauer des Vertrags bezahlt wurden, zurückzuerstatten sind, oder nur ab dem Zeitpunkt, an dem die neuen oder veränderten Umstände eingetreten sind. Der Appellationshof von Mon war der Ansicht, dass die gesamten Prämien, die während der Dauer des Versicherungsvertrags gezahlt worden sind, zurückzuzahlen sind. Der Kassationshof hat diese Entscheidung kassiert. Die Versicherungsgesellschaft muss nur die Prämien zurückzahlen, die sie ab der Veränderung der Umstände, bzw. ab Eintritt der neuen Umstände kassiert hat (Kass., 20/06/2019, C.18.0239.F).

Das Arbeitsgericht kann die Nichtigkeit, die aus der Nichtanhörung eines Sozialversicherten durch das LFA (ONEM) resultiert, korrigieren.

Bevor es eine Entscheidung trifft, muss der Sozialversicherte vom LFA (ONEM) angehört werden und dies unter Strafe der Nichtigkeit der Verwaltungsentscheidung.

Demnach, wenn diese Anhörung nicht stattgefunden hat und der Sozialversicherte einen Einspruch einlegt, muss das Arbeitsgericht die Entscheidung des Landesamts für Arbeitsbeschaffung annullieren. Es entspricht jedoch der gängigen Rechtsprechung, dass das Arbeitsgericht dann eine neue Entscheidung treffen muss. Es stellte sich jedoch die Frage, ob das Gericht sich auf die Dokumente der Verwaltungsakte des Landesamtes beziehen darf, über die, per Definition, keine Anhörung stattgefunden hat? Der Kassationshof hat nun entschieden, dass das Gericht sowohl diese Aktenstücke, als auch andere, die nachgereicht werden, berücksichtigen darf, weil der Sozialversicherte im Rahmen des Verfahrens, wie bei einer Anhörung, die Möglichkeit hat, sich darüber zu äußern ( Kass., S.18.0096.F).

Entschuldbarkeit: Der Kassationshof räumt dem Gläubiger ein Berufungsrecht ein.

Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen kann ein Konkursschuldner, noch vor Ablauf des Konkursverfahrens, einen Antrag auf Entschuldbarkeit einreichen. Wenn diesem Antrag stattgegeben wird, ist der Konkursschuldner, bis auf wenige Ausnahmen, schuldenfrei.

Der Gläubiger, der im Rahmen des Konkursverfahrens freiwillig beigetreten ist, hat das Recht gegen die Entscheidung des Unternehmensgerichts bezüglich der Entschuldbarkeit Berufung einlegen (Kass., 2/05/2019, C.18.0364.F).

EuGH : Die elementarsten Bedürfnisse (Unterbringung, Verpflegung u. Kleidung) eines Asylsuchenden müssen auch im Falle einer Sanktion wegen Verstoßes gegen die Hausordnung gedeckt werden.

Ein Asylsuchender hat in der Regel Anrecht auf materielle Hilfe. Diese besteht zunächst in der Unterbringung in einem Asylbewerberheim. Konkret bedeutet dies, dass der Asylsuchende in diesem Rahmen neben einer Unterkunft, Nahrung, Kleidung, medizinische Versorgung und soziale, psychologische und juristische Begleitung erhält.

Die belgische Gesetzgebung sieht vor, dass Asylsuchende vorübergehend vom Recht auf materielle Hilfe ausgeschlossen werden können, wenn sie gegen die Hausordnung eines Asylbewerberheims verstoßen.

Der EuGH hat nun entschieden, dass Sanktionen wegen grober Verstöße gegen die Vorschriften der Unterbringungszentren oder grob gewalttätigen Verhaltens nicht darin bestehen dürfen, auch nur zeitweilig das Recht auf Unterkunft, Verpflegung und Kleidung zu entziehen, da eine solche Sanktion Asylbewerbern die Möglichkeit nähme, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen (Entscheid C-233/18 vom 12. November 2019).

Palästinenser aus dem Gazastreifen können keinen effektiven Schutz des UNRWA genießen.

Palästinenser können unter vereinfachten Bedingungen das Flüchtlingsstatut erhalten.

Vorrausetzung ist, dass Sie den Schutz oder Beistand des Hilfswerkes der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) genossen haben, dieser Schutz oder Beistand jedoch weggefallen ist (vgl. Art. 1.D der Genfer Flüchtlingskonvention).

Aus der europäischen Rechtsprechung ergibt sich, dass dieser Schutz oder Beistand nicht freiwillig aufgegeben worden sein darf.

Hierfür müssen laut Rat für Ausländerstreitsachen zwei Bedingungen erfüllt: Einerseits muss der Antragsteller sich persönlich in einer schweren Unsicherheitssituation befunden haben und andererseits darf das UNRWA nicht in der Lage gewesen sein, seinen Schutzauftrag korrekt wahrzunehmen.

In diesen Fällen wird der betroffene Ausländer automatisch als Flüchtling anerkannt.

In seinen Entscheiden Nr. 219 546 vom 8. April 2019 und Nr. 220 747 vom 6. Mai 2019 hat der Rat für Ausländerstreitsachen nun entschieden, dass bei Palästinensern aus dem Gazastreifen, die beim UNRWA registriert waren, diese Bedingungen im Prinzip erfüllt sind, so dass ihnen das Flüchtlingsstatut zuerkannt werden muss. 

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