Haftbefehl ohne Erwähnung des Tatorts und Tatzeitpunkts ist nicht notwendigerweise illegal.

Insofern keine gesetzliche Bestimmung etwas anderes vorsieht, ist ein Haftbefehl nicht dadurch illegal, dass der Tatort und der Tatzeitpunkt darin nicht enthalten sind.

Es gilt zu prüfen, ob der Inhaftierte seine Verteidigungsrechte hat geltend machen können.  Demnach, wenn aus der Akte hervorgeht, die dem Inhaftierten zur Verfügung gestellt worden ist, dass er durch deren Konsultation präzise genug über den Tatzeitpunkt und den Tatort der Straftat, die ihm vorgeworfen wird, informiert wurde, um sich zu verteidigen, ist der Haftbefehl, der weder den Tatzeitpunkt noch den Tatort enthält, nicht illegal (Kass., P.19.1269.F).

Verbot in anderen Verfahren der Nutzung gewisser Beweisunterlagen, die in Familienangelegenheiten entstanden sind:

In Anwendung der Artikel 50 und 55 des Gesetzes vom 08/04/1965 bezüglich des Jugendschutzes dürfen die Prozedurunterlagen bezüglich der Persönlichkeit des interessierten Minderjährigen und des Milieus in dem er lebt nur im Rahmen dieser Prozedur und im Interesse des Minderjährigen genutzt werden.

Solche Dokumente können jedoch auch in anderen Verfahren entstehen, wie zum Beispiel, wenn, bei einer Scheidung, über die Beherbergung des Kindes diskutiert wird. Für die anderen Verfahren gibt es jedoch keine ähnliche Ausschlussbestimmung, sodass eine Partei, die im Rahmen eines Strafverfahrens verfolgt wurde, zu ihrer Verteidigung, eine Expertise, die das minderjährige gemeinsame Kind betraf, hinterlegen wollte.

Der Appellationshof MONS hat diese Beweisunterlagen von den Debatten ausgeschlossen. Der Kassationshof hat diese Entscheidung bestätigt. Er ist der Ansicht, dass die Freiheit seine Verteidigung zu organisieren, wie es der angeklagten Person gefällt und die Freiheit, jegliche Unterlagen zu nutzen, die in ihrem Besitz sind, hier vor dem übergeordneten Interesse des minderjährigen Kindes weichen muss (Kass., 04/12/19, p. 18.0531.F).

Überschreitung der vernünftigen Frist, um jemanden zu verurteilen führt nicht zur Anwendbarkeit der Bewährungsregeln, dort wo sie ausgeschlossen waren:

Jede angeklagte Person hat das Recht, dass sein Verfahren innerhalb einer vernünftigen Frist abläuft. Ist diese vernünftige Frist überschritten, muss das Gericht dieser Tatsache bei der Strafbemessung Rechnung tragen. In schlimmen Fällen kann das Gericht es sogar bei einem einfachen Schuldspruch belassen, ohne eine Strafe auszusprechen.

Der Kassationshof ist mit der Frage befasst worden, ob ein Gericht, in den Fällen, in denen es eigentlich keine Bewährung aussprechen darf (zum Beispiel, weil der Angeklagte nicht mehr in den Bedingungen ist aufgrund verschiedener Vorstrafen, oder aufgrund eines Rückfalls), trotzdem eine Bewährungsstrafe aussprechen darf ,wenn es feststellt, dass die vernünftige Frist überschritten ist.

Laut Kassationshof ist dies nicht der Fall. Dies bedeutet, dass, wenn die vernünftige Frist überschritten ist, gibt es nicht die Möglichkeit eine nicht existente Bewährung auszusprechen (Kass., 16/10/2019, P.19.0608.F).

Strafvollstreckungsrichter und Strafvollstreckungsgericht nur zuständig, um einen Urlaub aus medizinischen Gründen zu gewähren, wenn der Antragsteller im Gefängnis ist:

Der Strafvollstreckungsrichter und das Strafvollstreckungsgericht sind, aufgrund des Artikels 72 des Gesetzes vom 17/05/2006, bezüglich des externen Statuts der zur Freiheitsstrafen verurteilten Personen, ermächtigt den Verurteilten die vorläufige Freiheit aus medizinischen Gründen zu gewähren. Diese Bestimmung findet Anwendung, wenn ein Verurteilter eine unheilbare Krankheit hat und kurz vor dem Ableben ist, oder wenn seine Gefangenschaft unvereinbar mit seinem Gesundheitszustand ist.

Der Kassationshof ist mit der Frage befasst worden, ob ein Verurteilter, der nicht im Gefängnis ist, einen solchen Antrag stellen kann (beispielsweise, wenn das Urteil gefällt worden ist, er aber noch nicht ins Gefängnis musste, weil die Strafe noch nicht wurde).

Für den Kassationshof ist der Strafvollstreckungsrichter, beziehungsweise das Strafvollstreckungsgericht nur zuständig, wenn der Verurteilte auch wirklich im Gefängnis ist.

Der Kassationshof weist darauf hin, dass, solange der Verurteilte nicht im Gefängnis ist, das Gericht Erster Instanz (gegebenenfalls in einem Schnellverfahren) für eine solche Anfrage zuständig ist (Kass., 16/10/2019, P.19.0952.F).

Der Beschuldigte muss in einer Sprache, die er versteht, darüber informiert werden, dass er im Rahmen einer strafrechtlichen Berufung einen Antrag mit den Beschwerdegründen hinterlegen muss.

In der Regel, wenn eine Partei Berufung gegen ein Urteil einlegen möchte, welches in einer strafrechtlichen Angelegenheit gefällt wurde, muss sie dies innerhalb einer Frist von 30 Tagen ab der Verkündung des Urteils tun, indem sie eine entsprechende Erklärung bei der Gerichtskanzlei hinterlegt und ein Formular ausfüllt, welches die Beschwerden gegen das Urteil enthält. Die Person, die sich im Gefängnis befindet, kann diese Berufung beim Gefängnisdirektor eingelegen.

Im Falle eines gefangenen Beschuldigten, der zum Zeitpunkt, als er Berufung einlegen konnte, nicht von einem Anwalt beigestanden wurde und der mitgeteilt hat, dass er Berufung gegen ein Urteil einlegen möchte, muss geprüft werden, ob er in einer Sprache, die er versteht darüber informiert war, dass er ein Formular mit den Beschwerdegründen ausfüllen muss. Der Richter, der dies nicht prüft, schränkt den Zugang dieser Person zur Gerichtsbarkeit unzulässig ein (Kass., 4/09/2019 P.19.0423.F).

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