Der Beschuldigte muss in einer Sprache, die er versteht, darüber informiert werden, dass er im Rahmen einer strafrechtlichen Berufung einen Antrag mit den Beschwerdegründen hinterlegen muss.

In der Regel, wenn eine Partei Berufung gegen ein Urteil einlegen möchte, welches in einer strafrechtlichen Angelegenheit gefällt wurde, muss sie dies innerhalb einer Frist von 30 Tagen ab der Verkündung des Urteils tun, indem sie eine entsprechende Erklärung bei der Gerichtskanzlei hinterlegt und ein Formular ausfüllt, welches die Beschwerden gegen das Urteil enthält. Die Person, die sich im Gefängnis befindet, kann diese Berufung beim Gefängnisdirektor eingelegen.

Im Falle eines gefangenen Beschuldigten, der zum Zeitpunkt, als er Berufung einlegen konnte, nicht von einem Anwalt beigestanden wurde und der mitgeteilt hat, dass er Berufung gegen ein Urteil einlegen möchte, muss geprüft werden, ob er in einer Sprache, die er versteht darüber informiert war, dass er ein Formular mit den Beschwerdegründen ausfüllen muss. Der Richter, der dies nicht prüft, schränkt den Zugang dieser Person zur Gerichtsbarkeit unzulässig ein (Kass., 4/09/2019 P.19.0423.F).

Präzision bezüglich der Ermächtigung einen Kassationsrekurs in einer Strafrechtsangelegenheit einzulegen

Art. 425 des Strafverfolgungsgesetzbuches sieht vor, dass nur Rechtsanwälte, die über eine entsprechende Ausbildung verfügen, Kassationsrekurse in Strafsachen einlegen dürfen oder ein Memorandum erstellen dürfen.

Der Kassationshof sieht den Beweis als erbracht an, dass die Person, die eine Prozedurhandlung vor ihm vollzogen hat, Inhaber dieser Bescheinigung ist, wenn er dies in der entsprechenden Prozedurhandlung angibt. Anders ausgedrückt, reicht es aus, wenn der Anwalt in der Kassationserklärung oder auf dem Memorandum angibt, dass er Inhaber, der durch das Gesetz vorgesehenen Bescheinigung ist (Kass., 07/11/2018, P.18.0949.F-P.18.0950.F).

Der Kassationshof befragt den Verfassungsgerichtshof: Ist die Abwesenheit einer direkten Kassationsrekursmöglichkeit gegen die Entscheidung, die einen jungen Straftäter an das Strafgericht verweist, verfassungswidrig?

Grundsätzlich werden minderjährige Straftäter durch den Jugendrichter beurteilt. Artikel 57 bis des Gesetzes vom 8. April 1965 bezüglich des Jugendschutzes sieht vor, dass das Jugendgericht einen jugendlichen Straftäter auch an das Strafgericht verweisen kann. Wenn der Minderjährige mit diesem Urteil nicht einverstanden ist, kann er in Berufung gehen und danach steht ihm die Möglichkeit offen den Kassationshof zu befassen.

Art. 420 des Strafverfolgungsgesetzbuches sieht vor, dass der Kassationsrekurs gegen Untersuchungs-und Vorbereitungsentscheidungen, außer in durch das Gesetz vorgesehenen Ausnahmefällen, erst dann eingereicht werden kann, wenn die definitive Entscheidung erfolgt ist. In diesem Fall würde das bedeuten, dass der Minderjährige den Kassationshof erst dann mit der Verweisungsentscheidung befassen kann, wenn der Prozess vor dem Strafgericht schon beendet ist. Der Kassationshof befragt den Verfassungsgerichtshof, ob der Umstand, dass der Kassationsrekurs gegen die Verweisungsentscheidung vor das Strafgericht nicht sofort möglich ist, nicht verfassungswidrig ist (Kass., 31/10/2018, P. 18.0897.F).

Befangenheit eines Richters

Die Tatsache, dass ein Richter seine Meinung über eine Rechtsfrage im Rahmen eines wissenschaftlichen Beitrags bekannt gegeben hat, hat, wenn er seinen Gedankengang derart dargelegt hat, dass die Regeln der Rechtswissenschaft beachtet wurden, nicht zur Folge, dass er in Angelegenheiten befangen ist, in denen diese Rechtsfrage sich stellt (Kass., 21/11/2018, P. 18.1175.F).

Kassationshof stellt Verteidigungsrecht über das anwaltliche Berufsgeheimnis:

Ein Angeklagter hat seine Unschuld vor dem Strafgericht beweisen können, indem er vertrauliche Schreiben, die von Anwälten stammten, bei Gericht hinterlegt hat.

Vor dem Kassationshof haben die Opfer aufgeworfen, dass diese Dokumente nicht hinterlegt hätten werden dürfen, weil sie vertraulich sind und durch das Berufsgeheimnis des Anwalts geschützt sind.

Der Kassationshof folgt dieser These nicht und entscheidet, dass der Beschuldigte sämtliche Dokumente, Unterlagen oder Beweiselemente hinterlegen darf, um seine Verteidigung zu gewährleisten (Kass., 3. Oktober 2018, p. 18.0235.F).

(Bemerkung: Diese Entscheidung wurde im Strafrecht gefällt.  Es ist nicht sicher, ob diese uneingeschränkte Freiheit auch in zivilrechtlichen Angelegenheiten gilt).

/KONTAKTDATEN

Kelmis 

Kapellstraße 26
B-4720 Kelmis

T +32 (0) 87 65 28 11
F +32 (0) 87 55 49 96
E info@levigo-avocats.be