In der Regel muss ein Beschuldigter, bevor ein Haftbefehl durch den Untersuchungsrichter erlassen wird, bezüglich der Taten, die die Grundlage der Beschuldigungen sind und die zum Erlassen eines Haftbefehls führen können, in seinen Bemerkungen angehört werden.
Diese Befragung stellt ein Attribut der Verteidigungsrechte und der individuellen Freiheit eines Jeden dar. Sie dient dazu, dass der Beschuldigte den Untersuchungsrichter seine Bemerkungen bezüglich der Beschuldigung, die gegen ihm vorgebracht wird, unterbreiten kann.
Daher darf der Untersuchungsrichter nicht die Qualifizierung der Taten, die dem Beschuldigten vorgeworfen werden, ändern, ohne ihn erneut zu vernehmen.
In einer Angelegenheit, die unlängst beurteilt wurde, hatte ein Untersuchungsrichter einen Beschuldigten wegen unterlassener Hilfeleistung vernommen und dann Haftbefehl erlassen. Im Nachhinein wurde die Qualifizierung auf dem Haftbefehl in Todschlag geändert. Der Beschuldigte ist bezüglich der Qualifizierung des Todschlags nicht vernommen worden.
Der Kassationshof kassierte die Entscheidung der Anklagekammer, die diesen Haftbefehl für rechtmäßig erklärte (Kass., 4/03/2020, P. 20.0225.f).