Kassationshof stellt Verteidigungsrecht über das anwaltliche Berufsgeheimnis:

Ein Angeklagter hat seine Unschuld vor dem Strafgericht beweisen können, indem er vertrauliche Schreiben, die von Anwälten stammten, bei Gericht hinterlegt hat.

Vor dem Kassationshof haben die Opfer aufgeworfen, dass diese Dokumente nicht hinterlegt hätten werden dürfen, weil sie vertraulich sind und durch das Berufsgeheimnis des Anwalts geschützt sind.

Der Kassationshof folgt dieser These nicht und entscheidet, dass der Beschuldigte sämtliche Dokumente, Unterlagen oder Beweiselemente hinterlegen darf, um seine Verteidigung zu gewährleisten (Kass., 3. Oktober 2018, p. 18.0235.F).

(Bemerkung: Diese Entscheidung wurde im Strafrecht gefällt.  Es ist nicht sicher, ob diese uneingeschränkte Freiheit auch in zivilrechtlichen Angelegenheiten gilt).

Verfassungsgerichtshof stärkt die Rechtsposition der Person gegen die ein Haftbefehl erlassen wird

Durch ein Gesetz vom 21. November 2016 wurden die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich der Untersuchungshaft derart verändert, dass ein Haftbefehl, der nicht vom Untersuchungsrichter unterschrieben wurde und auch nicht begründet ist, nicht mehr automatisch zu dessen Nichtigkeit führt und somit nicht automatisch dazu führen muss, dass der Häftling durch die Ratskammer oder durch die Anklagekammer freigelassen werden muss.

Der O.B.F.G. (avocats. be) hat vor dem Verfassungsgericht gegen dieses Gesetzt geklagt und Recht bekommen.  Der Verfassungsgerichtshof entschied, dass es zu den fundamentalen Garantien eines Beschuldigten gehört, dass dieser erkennen kann, dass der Haftbefehl wirklich vom Untersuchungsrichter ausgestellt wurde, was nur durch die Unterschrift zertifiziert werden kann und dass die Einschränkung der individuellen Freiheit auch begründet sein muss.  Er annullierte somit diese Gesetzesänderung, sodass Haftbefehle, die nicht begründet sind, oder nicht unterschrieben sind, dazu führen, dass der Häftling freigelassen werden muss (V.G.H., 5/07/2018, Staatsblatt, 1. August 2018).

Der Kassationshof präzisiert einige Rechtsregeln bezüglich der strafrechtlichen Beschlagnahmung:

Wenn ein Straftäter verurteilt wird, weil er eine oder mehrere Straftaten begangen hat, sieht das Gesetz, unter gewissen Voraussetzungen, zwingend vor, dass gewisse Dinge beschlagnahmt werden.  Manchmal ist diese Beschlagnahmung fakultativ.

Artikel 204 des Strafverfolgungsgesetzbuchs sieht vor, dass der Berufungsrichter, außer in den Ausnahmefällen, die in Artikel 210, Absatz 2 des Strafverfolgungsgesetzbuches aufgeführt sind, nur über die Kritikpunkte befinden kann, über die es durch den Berufungsantrag befasst wurde.

In einer Angelegenheit, in welcher der Straftäter der Beschlagnahmung in der ersten Instanz entgangen ist, hat die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, hat jedoch nicht mitgeteilt, dass die Berufung auch die Entscheidung betrifft, dass keine Beschlagnahmung angeordnet wurde. 

Der Kassationshof hat jedoch entschieden, dass es reicht, wenn die Staatsanwaltschaft bezüglich der Strafe im Allgemeinen in Berufung geht, damit das Berufungsgericht auch mit der Frage der Beschlagnahmung befasst ist.

Wenn die Beschlagnahmung fakultativ ist, sieht das Gesetz vor, dass die Staatsanwaltschaft diese mittels schriftlicher Anträge verlangt.  Der Kassationshof entschied, dass diese Formbestimmung als beachtet gilt, wenn ein mündlicher Antrag der Staatsanwaltschaft im Sitzungsblatt notiert wird (Kass., 12/09/2018, P. 18.0350).

Kassationshof präzisiert den legitimen Entschuldigungsgrund.

Wenn eine Partei beim Prozess abwesend war und gegen sie ein Versäumnisurteil ergangen ist, kann sie gegebenenfalls Einspruch gegen das Urteil einlegen. Dieser Einspruch kann jedoch nur angenommen werden, wenn der Abwesende die ursprüngliche Vorladung nicht zur Kenntnis genommen hat. Ist dies nicht der Fall, muss der Abwesende eine vernünftige Entschuldigung für seine Abwesenheit geltend machen. Der Kassationshof entschied nun, dass ein vernünftiger Entschuldigungsgrund immer dann vorliegt, wenn der Abwesenheitsgrund nicht darauf schließen lässt, dass der Abwesende auf sein Recht vor Gericht zu erscheinen und sich zu verteidigen verzichten wollte, oder sich nicht der Justiz entziehen wollte (Kass., 9/05/2018, P. 17.114.F).

Reform der Kassationsprozedur in Strafsachen: die Konturen verschärfen sich.

Seit der letzten grundlegenden Reform der Kassationsprozedur in Strafrechtsangelegenheiten dürfen nur noch Rechtsanwälte, die eine entsprechende Zulassung erhalten haben vor dem Kassationshof auftreten. Die gesetzlichen Bestimmungen ließen jedoch noch einige Fragen offen, was dazu führt, dass die Rechtsbrechung des Kassationshofs diese Präzision nun nach und nach erbringt. Das Gesetz sieht vor, dass der Kassationsbeklagte auf das Memorandum des Klägers antworten darf. Das Antwortmemorandum muss dem Kläger per Einschreiben zugeschickt werden. Ein Versand per Einschreiben an den Rechtsanwalt des Klägers reicht nicht aus. Das Memorandum, das auf diesem Weg zugeschickt wurde ist unzulässig (Kass., 20/12/2017, 17.0426.F).

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