Präzision bezüglich der Ermächtigung einen Kassationsrekurs in einer Strafrechtsangelegenheit einzulegen

Art. 425 des Strafverfolgungsgesetzbuches sieht vor, dass nur Rechtsanwälte, die über eine entsprechende Ausbildung verfügen, Kassationsrekurse in Strafsachen einlegen dürfen oder ein Memorandum erstellen dürfen.

Der Kassationshof sieht den Beweis als erbracht an, dass die Person, die eine Prozedurhandlung vor ihm vollzogen hat, Inhaber dieser Bescheinigung ist, wenn er dies in der entsprechenden Prozedurhandlung angibt. Anders ausgedrückt, reicht es aus, wenn der Anwalt in der Kassationserklärung oder auf dem Memorandum angibt, dass er Inhaber, der durch das Gesetz vorgesehenen Bescheinigung ist (Kass., 07/11/2018, P.18.0949.F-P.18.0950.F).

Der Kassationshof befragt den Verfassungsgerichtshof: Ist die Abwesenheit einer direkten Kassationsrekursmöglichkeit gegen die Entscheidung, die einen jungen Straftäter an das Strafgericht verweist, verfassungswidrig?

Grundsätzlich werden minderjährige Straftäter durch den Jugendrichter beurteilt. Artikel 57 bis des Gesetzes vom 8. April 1965 bezüglich des Jugendschutzes sieht vor, dass das Jugendgericht einen jugendlichen Straftäter auch an das Strafgericht verweisen kann. Wenn der Minderjährige mit diesem Urteil nicht einverstanden ist, kann er in Berufung gehen und danach steht ihm die Möglichkeit offen den Kassationshof zu befassen.

Art. 420 des Strafverfolgungsgesetzbuches sieht vor, dass der Kassationsrekurs gegen Untersuchungs-und Vorbereitungsentscheidungen, außer in durch das Gesetz vorgesehenen Ausnahmefällen, erst dann eingereicht werden kann, wenn die definitive Entscheidung erfolgt ist. In diesem Fall würde das bedeuten, dass der Minderjährige den Kassationshof erst dann mit der Verweisungsentscheidung befassen kann, wenn der Prozess vor dem Strafgericht schon beendet ist. Der Kassationshof befragt den Verfassungsgerichtshof, ob der Umstand, dass der Kassationsrekurs gegen die Verweisungsentscheidung vor das Strafgericht nicht sofort möglich ist, nicht verfassungswidrig ist (Kass., 31/10/2018, P. 18.0897.F).

Befangenheit eines Richters

Die Tatsache, dass ein Richter seine Meinung über eine Rechtsfrage im Rahmen eines wissenschaftlichen Beitrags bekannt gegeben hat, hat, wenn er seinen Gedankengang derart dargelegt hat, dass die Regeln der Rechtswissenschaft beachtet wurden, nicht zur Folge, dass er in Angelegenheiten befangen ist, in denen diese Rechtsfrage sich stellt (Kass., 21/11/2018, P. 18.1175.F).

Kassationshof stellt Verteidigungsrecht über das anwaltliche Berufsgeheimnis:

Ein Angeklagter hat seine Unschuld vor dem Strafgericht beweisen können, indem er vertrauliche Schreiben, die von Anwälten stammten, bei Gericht hinterlegt hat.

Vor dem Kassationshof haben die Opfer aufgeworfen, dass diese Dokumente nicht hinterlegt hätten werden dürfen, weil sie vertraulich sind und durch das Berufsgeheimnis des Anwalts geschützt sind.

Der Kassationshof folgt dieser These nicht und entscheidet, dass der Beschuldigte sämtliche Dokumente, Unterlagen oder Beweiselemente hinterlegen darf, um seine Verteidigung zu gewährleisten (Kass., 3. Oktober 2018, p. 18.0235.F).

(Bemerkung: Diese Entscheidung wurde im Strafrecht gefällt.  Es ist nicht sicher, ob diese uneingeschränkte Freiheit auch in zivilrechtlichen Angelegenheiten gilt).

Verfassungsgerichtshof stärkt die Rechtsposition der Person gegen die ein Haftbefehl erlassen wird

Durch ein Gesetz vom 21. November 2016 wurden die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich der Untersuchungshaft derart verändert, dass ein Haftbefehl, der nicht vom Untersuchungsrichter unterschrieben wurde und auch nicht begründet ist, nicht mehr automatisch zu dessen Nichtigkeit führt und somit nicht automatisch dazu führen muss, dass der Häftling durch die Ratskammer oder durch die Anklagekammer freigelassen werden muss.

Der O.B.F.G. (avocats. be) hat vor dem Verfassungsgericht gegen dieses Gesetzt geklagt und Recht bekommen.  Der Verfassungsgerichtshof entschied, dass es zu den fundamentalen Garantien eines Beschuldigten gehört, dass dieser erkennen kann, dass der Haftbefehl wirklich vom Untersuchungsrichter ausgestellt wurde, was nur durch die Unterschrift zertifiziert werden kann und dass die Einschränkung der individuellen Freiheit auch begründet sein muss.  Er annullierte somit diese Gesetzesänderung, sodass Haftbefehle, die nicht begründet sind, oder nicht unterschrieben sind, dazu führen, dass der Häftling freigelassen werden muss (V.G.H., 5/07/2018, Staatsblatt, 1. August 2018).

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