Legalitätsprüfung eines Haftbefehls durch die Ratskammer: Eine prekäre Einschätzung und eine Begründung, die nicht auf alle Argumente der Verteidigung eingeht, reichen aus.

Wenn der Untersuchungsrichter einen Haftbefehl erlassen hat, prüft die Ratskammer diesen Haftbefehl spätestens innerhalb einer Frist von 5 Tagen, ab dem Zeitpunkt, an dem er dem Inhaftierten zugestellt wurde.

Im Rahmen dieser Prüfung kann die Verteidigung Gründe geltend machen, warum Beweise, die zum Haftbefehl führten, illegal sind und folglich nicht als Schuldindizien zu werten sind, die eine Verhaftung rechtfertigen.

Der Kassationshof entschied, dass die Ratskammer, die den Haftbefehl aufrecht erhält, nicht auf jedes kleinste Argument der Verteidigung eingehen muss, insofern sie die Verpflichtung hat innerhalb einer kurzen Frist zu urteilen und, wenn die Verteidigung die Illegalität der Beweise aufführt und in der Konsequenz das Vorhandensein von Schuldindizien bestreitet, dann reicht es, wenn die Ratskammer eine 1. Einschätzung bezüglich der Legalität der entsprechenden Beweismittel vornimmt. (Kass., 14/07/2021, P.21.0905.N).

Appellationshof Lüttich: Palästinensische Identitätsdokumente sind kein Beweis für eine „palästinensische Nationalität“

Dem aufmerksamen Leser unserer News wird nicht entgangen sein, dass die Fragen, ob Palästina ein Staat ist und ob es eine palästinensische Staatsangehörigkeit gibt, zur Zeit unterschiedlich durch die belgischen Gerichte beantwortet werden.

Zuletzt argumentierte die Staatsanwaltschaft, dass die Ausstellung von Identitätsdokumenten durch die Palästinensische Autonomiebehörde den Beweis dafür darstellen würde, dass deren Inhaber eine „palästinensische Nationalität“ besitzen würden.

Der Appellationshof Lüttich hat dieses Argument in mehreren Entscheiden vom 30. Juni 2022 verworfen und entschieden:

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Verfassungsgerichtshof zum Anrecht auf Entschädigung eines Einzelnen, der legale Coronamaßnahmen ertragen musste

Während des Lockdowns wurden Zwangsräumungen aus Wohnungen in den verschiedenen Regionen des Landes – darunter in der Region Brüssel Hauptstadt – vorübergehend verboten.

Eine Eigentümervereinigung hat vor dem Verfassungsgerichtshof gegen das Brüsseler Gesetz geklagt, insofern Eigentümern zeitweise die Möglichkeit genommen wurde, Mieter vor die Türe zu setzen.

Da der Verfassungsgerichtshof keine Verletzung der Verfassung (Zuständigkeitsregeln und Menschenrechte) feststellen konnte, wurde diese Klage durch Entscheid Nr. 97/2022 vom 14. Juli 2022 abgewiesen.

Allerdings hat der Hof klargestellt, dass, wenn entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, der Grundsatz der Gleichheit der Bürger vor den öffentlichen Lasten eingehalten werden muss.

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Kann die Geldstrafe, die durch einen sanktionierenden Beamten ausgesprochen wird einer Legalitätsprüfung standhalten, wenn der Feststellungsbericht, der zur Auferlegung der Geldstrafe gedient hat, durch den Feststellungsbeamten nicht unterschrieben wurde?

Die Stadt Antwerpen hat eine Umweltzone eingerichtet, in der verschiedene Emissionswerte nicht überschritten werden dürfen. Geschieht dies trotzdem, kann ein Feststellungsbeamter diese Übertretung festhalten und dem Zuwiderhandelnden kann danach, durch den sanktionierenden Beamten, eine Geldstrafe auferlegt werden.

Das Polizeigericht von Antwerpen hat die Entscheidung des sanktionierenden Beamten, der eine Geldstrafe auferlegt hat, obwohl der Feststellungsbericht nicht unterzeichnet war, annulliert, aufgrund der Tatsache, dass man davon ausgehen muss, dass, in Ermangelung einer Unterzeichnung des Berichts, keine gültigen Feststellungen gemacht wurden.

Der Kassationshof hat dieses Urteil kassiert. Für unseren Obersten Gerichtshof kann die alleinige Tatsache, dass der Feststellungsbericht nicht unterzeichnet ist, nicht dazu führen, dass die Geldstrafe, die auf Basis des Berichts erlassen wird, illegal ist. Der Richter muss prüfen, ob die Feststellungen des Feststellungsbeamten, seiner Meinung nach, der Wahrheit entsprechen und, wenn er davon überzeugt ist, dass dies der Fall ist, kann er die Geldstrafe nicht annullieren, aufgrund der alleinige Tatsache, dass der Feststellungsbericht nicht unterzeichnet war. (Kass., 26/03/2021, C.18.0487.N).

Der Kassationshof präzisiert die Verpflichtungen der Polizisten im Rahmen der Alkoholkontrollprozedur im Straßenverkehr:

Die Alkoholkontrollprozedur im Straßenverkehr wird unter anderem durch einen königlichen Erlass vom 21. April 2007 geregelt. Dort steht unter anderem geschrieben, dass, wenn ein Autofahrer in eine Alkoholkontrolle gerät, er das Recht hat, wenn die erste Atemanalyse den Grenzwert überschreitet, eine 2. Atemanalyse fordern kann.

Vor der niederländischsprachigen Strafkammer des Gerichts Erster Instanz Brüssel stellte sich die Frage, ob der Beamte den Fahrer ausdrücklich darauf aufmerksam machen muss, dass er das Recht auf eine 2. Atemanalyse hat und, ob das Gericht aus dem Umstand, dass die Polizisten im Protokoll aufführen, dass der Prozedur, wie sie durch den Erlass vom 21. April 2007 vorgesehen ist, Genüge getan wurde, ableiten können, dass wirklich sämtliche Garantien, die in dieser Bestimmung verankert sind, respektiert wurden.

Das eben genannte Strafgericht entschied in diese Richtung und der Kassationshof bestätigte dieses Urteil.

Daraus folgt, dass die Beamten weder eine Verpflichtung haben den Kontrollierten auf das Recht eine zu fordern 2. Atemanalyse hinzuweisen müssen, noch etwas anders in ihrem Protokoll schreiben müssen als, dass den Bestimmungen des Erlasses vom 21. April 2007 Genüge getan wurde, damit die Rechtmäßigkeit dieser Prozedur nicht mehr infrage gestellt werden kann (Kass., 23/02/2021, P. 20.1209.N).

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