Verfassungsgerichtshof präzisiert die Haftungsbedingungen des Staates im Falle eines Fehlers durch die Gerichtsbarkeiten

Der Belgische Staat kann haftbar gemacht werden für die Fehler, die Gerichte begehen.

Wenn ein Gericht, dessen Entscheidung Gegenstand eines Rekurses sein kann, einen Fehler gemacht hat, dann kann die Haftung des Belgischen Staates erst dann gegeben sein, wenn diese Entscheidung im Rahmen eines Rechtsmittels angegriffen wurde und reformiert zurückgenommen oder annulliert wurde.

Es gibt jedoch verschiedene Gerichte, deren Entscheidungen nicht mit einem Rechtsmittel angegriffen werden können, weil sie in der letzter Instanz gefällt werden.

Diese Entscheidungen können also weder zurückgenommen, reformiert oder annulliert werden.

Der Fassungsgerichtshof hat nun präzisiert, unter welchen Voraussetzungen, die Haftung des Belgischen Staates für die Fehler, die diese Gerichte begehen, gegeben sein kann.

Bezüglich der Fehler aller Gerichte, außer die des Kassationshofes, des Verfassungsgerichtshofes und des Staatsrates, gelten die normalen Haftungsregeln.

Wenn die Haftung des Kassationshofes, des Staatsrates oder des Verfassungsgerichtshofes gesucht wird, muss man jedoch nachweisen, dass es sich um einen charakterisierten, schweren Fehler handelt (VGH 21/01/2021, Nr. 7).

Verfassungsgerichtshof äußert sich zur Verjährung von Forderungen gegen den Staat

Artikel 100 der koordinierten Gesetze über die Staatsbuchführung sieht vor, dass (gewisse) Forderungen gegen den Staat fünf Jahre nach dem 1. Januar des Haushaltsjahres, in welchem sie entstanden sind, verjähren.

Diese Verjährungsregel findet auch Anwendung, wenn eine außervertragliche Haftung des Staates geltend gemacht wird.

Der Verfassungsgerichtshof hat nun klargestellt, dass die Verjährungsfrist in solchen Fällen erst zu laufen beginnen kann, wenn sowohl der Schaden als auch die Identität des Verantwortlichen bekannt sind.

Wallonische Region erkennt die Überschwemmungen vom 14., 15. und 16. Juli als „öffentliche Naturkatastrophe“ an

Die Regierung der Wallonischen Region hat die Überschwemmungen in den 84 Gemeinden der Provinz Lüttich (darunter die neun deutschsprachigen Gemeinden) sowie in weiteren Provinzen und Gemeinden als öffentliche Naturkatastrophe anerkannt.

Der Erlass der Regierung muss noch im Belgischen Staatsblatt veröffentlicht werden.

Ab dem ersten Tag, welcher auf diese Veröffentlichung folgt, haben die betroffenen Bürger drei Monate Zeit, um beim regionalen Katastrophenhilfsdienst einen Antrag auf Entschädigung einzureichen.

Schäden an beweglichen oder unbeweglichen Gütern (Immobilien), die durch eine Überschwemmung entstanden sind, können nur dann entschädigt werden, wenn sie nicht durch einen Versicherungsvertrag (Feuerversicherung) gedeckt werden können.

Die Entschädigung betrifft nur bestimmte Güter:

  • Güter, bei denen es sich nicht um „einfache Risiken“ handelt (Immobilien im Freien wie Gartenhäuser oder bestimmte bewegliche Güter im Freien wie Gartenmöbel, …),
  • Fahrzeuge, die zum gewöhnlichen Transport eines Haushaltes dienen und die mindestens 5 Jahre alt sind, vorausgesetzt sie sind nicht durch eine Kaskoversicherung gedeckt,
  • Böden,
  • Waldbestände,
  • Kulturen,
  • Lebendviehbestände außerhalb von Gebäuden,
  • Ernten.

Personen, deren finanzielle Lage es ihnen nicht erlaubt, ihre Güter zu versichern und die ein Eingliederungseinkommen oder eine vergleichbare Unterstützung beziehen, können jedoch auch eine Entschädigung für den Inhalt oder das Gebäude beantragen.

Der Entschädigungsantrag muss durch den Eigentümer der Güter eingereicht werden.

Derzeit muss noch folgendes Formular ausgefüllt werden: https://interieur.wallonie.be/sites/default/files/2021-05/formulaireEntsch%C3%A4digungsantrag.pdf. Die Regierung hat jedoch angekündigt, in den nächsten Tagen, die Entschädigungsprozedur dem Ausmaß der Überschwemmungen anpassen zu wollen. Es könnte also sein, dass in Kürze ein spezielles Formular herausgegeben wird.

Wenn die Güter versichert sind, muss vorher eine Beteiligung der Versicherungsgesellschaft beantragt werden.

Wenn der Antrag vollständig und zulässig ist, werden die Schäden gemeinsam eingeschätzt. Die Höhe des Schadensersatzes wird aufgrund einer Tabelle mit verschiedenen Tranchen bestimmt. Alle erhaltenen Entschädigungen und Beihilfen werden abgezogen. Die Kosten von Schutzmaßnahmen, die auf Kosten des Geschädigten ergriffen und als nützlich für die Schadensbegrenzung anerkannt wurden, können zu 70 % übernommen werden.

Die Entscheidung des regionalen Katastrophenhilfsfonds kann innerhalb von 60 Tagen beim Fonds selbst beanstandet werden. Sie kann auch gerichtlich angefochten werden.

Anpassung der Prozedur vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Am 1. August 2021 tritt das 15. Protokoll zur Abänderung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) in Kraft.

In diesem Zusammenhang wird die Frist, um eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) einzureichen, ab dem 1. Februar 2022 von sechs Monaten auf vier Monate ab der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung verringert.

In die Präambel der EMRK wurde der Grundsatz der Subsidiarität aufgenommen, wonach es in erster Linie Aufgabe der Staaten ist, die Achtung der in der EMRK und den Zusatzprotokollen bestimmten Rechte und Freiheiten zu gewährleisten. Es wurde auch präzisiert, dass sie dabei über einen (gewissen) Ermessensspielraum verfügen, dessen Ausübung durch den EGMR geprüft werden kann.

Eine Beschwerde beim EGMR muss gut vorbereitet werden: So müssen die innerstaatlichen Rechtsbehelfe erschöpft werden, d.h. dass in der Regel zunächst die innerstaatlichen Klagemöglichkeiten in Bezug auf Menschenrechtsverletzungen durchlaufen werden müssen, bevor der EGMR mit einem Problem befasst werden darf. Im Rahmen dieser innerstaatlichen Verfahren müssen die angeführten Menschenrechtsverletzungen zumindest im Kern vorgebracht worden sein. Es sind weitere Zulässigkeitsbedingungen zu erfüllen (Opfereigenschaft, Beschwerdeformular, …).

Für Fragen bezüglich der Prozedur vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte können Sie sich an RA Robinet wenden, welcher eine Zusatzausbildung in Menschenrechten befolgt hat.

Anpassung der Prozedur vor dem Staatsrat

Ein Königlicher Erlass vom 26. April 2021 erlaubt es dem Staatsrat in Kürze Angelegenheiten ohne öffentliche Sitzung zu bearbeiten.

Der Staatsrat kann den Parteien vorschlagen, ein Urteil zu fällen, ohne diese zuvor anzuhören.

Nach Erhalt einer entsprechenden Mitteilung verfügen die Parteien über eine Frist von 15 Tagen, um ggf. eine Anhörung zu beantragen.

Wenn eine Partei eine Anhörung beantragt, wird ein Sitzungsdatum festgelegt.

Wenn keine Partei eine Anhörung beantragt, wird die Angelegenheit im Prinzip in Beratung genommen. Selbst wenn keine Partei eine Anhörung beantragt hat, kann der Staatsrat jedoch eine Sitzung vorsehen, wenn ein neues Element eine kontradiktorische Debatte erfordert.

Insofern die Prozeduren vor dem Staatsrat bereits jetzt hauptsächlich schriftliche Verfahren sind, erhofft sich der Normgeber durch diese Maßnahme eine Beschleunigung der Verfahren.

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