Verfassungsgerichtshof zum Anrecht auf Entschädigung eines Einzelnen, der legale Coronamaßnahmen ertragen musste

Während des Lockdowns wurden Zwangsräumungen aus Wohnungen in den verschiedenen Regionen des Landes – darunter in der Region Brüssel Hauptstadt – vorübergehend verboten.

Eine Eigentümervereinigung hat vor dem Verfassungsgerichtshof gegen das Brüsseler Gesetz geklagt, insofern Eigentümern zeitweise die Möglichkeit genommen wurde, Mieter vor die Türe zu setzen.

Da der Verfassungsgerichtshof keine Verletzung der Verfassung (Zuständigkeitsregeln und Menschenrechte) feststellen konnte, wurde diese Klage durch Entscheid Nr. 97/2022 vom 14. Juli 2022 abgewiesen.

Allerdings hat der Hof klargestellt, dass, wenn entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, der Grundsatz der Gleichheit der Bürger vor den öffentlichen Lasten eingehalten werden muss.

Dieser Grundsatz besagt, dass der Staat nicht, ohne eine Kompensation, Lasten auferlegen darf, welche die Belastung übersteigen, die ein Einzelner im Interesse der Allgemeinheit ertragen muss. Aus diesem Grundsatz folgt, dass die unverhältnismäßig nachteiligen Auswirkungen – d.h. das außergewöhnliche soziale oder unternehmerische Risiko, das einer begrenzten Gruppe von Bürgern oder Institutionen auferlegt wird – einer staatlichen Maßnahme, die an und für sich ordnungsgemäß ist, nicht den geschädigten Personen aufgebürdet, sondern gleichmäßig auf die Allgemeinheit verteilt werden müssen.

Ein Ausgleich nach diesem Grundsatz ist nur dann und nur insoweit erforderlich, als die Auswirkungen der Maßnahmen die Belastung übersteigen, die einem Einzelnen im Interesse der Allgemeinheit auferlegt werden kann. Ob ein solches Anrecht auf Ausgleich besteht, müssen die ordentlichen Gerichte im Rahmen einer Einzelfallprüfung, unter Berücksichtigung aller besonderen und öffentlichen Aspekte des jeweiligen Falles, beurteilen.

Was nun die Eigentümer der Wohnungen angeht, die aufgrund der Coronamaßnahmen vorübergehend nicht geräumt werden durften, so obliegt es den Zivilgerichten zu prüfen, ob sie wegen dieser Maßnahme Anrecht auf eine Entschädigung haben, und ggf. die Höhe dieser Entschädigung festzulegen.

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