Es ist den Gerichten erlaubt die Verhältnismäßigkeit zwischen der Instandsetzungsmaßnahme, die vom delegierten Beamten oder dem Gemeindekollegium gefordert wird zu prüfen

In einer Angelegenheit, in welcher der delegierte Beamte den Abbau eines Gartenhauses forderte, weil dieses in einer Zone gebaut wurde, in der es nicht errichtet werden durfte, urteilte der Appellationshof von Mons, dass dieser Antrag abzulehnen ist, weil er unverhältnismäßig sei. Das Berufungsgericht stellte unter anderem fest, dass es in der Gegend mehrere Gartenhäuser in der selben Zone des Sektorenplans gebe, die allesamt von der Gemeinde toleriert wurden, gar genehmigt wurden und das nur gegen eine Person, offenbar auf Drängen eines Nachbars, ein Abbau verlangt wird. Unter diesen Umständen ist der Appellationshof zum Schluss gekommen, dass die Raumordnungsgründe, die den Abbau des Gartenhauses verlangen in keinem Verhältnis zu den Unannehmlichkeiten der Beklagten Person stehen, die verdeutlichen konnte, dass ihre Kosten sich auf ungefähr 85.000 € belaufen würden.

 

Der Kassationshof hat die Beschwerde gegen diese Entscheidung abgewiesen, sodass eine Instandsetzungsmaßnahme abgewiesen werden kann, wenn die Urbanismus-oder Raumordnungsgründe, die dieser Klage zugrunde liegen in keinem Verhältnis zum Schaden des Beklagten stehen (Kass., 1/04/2022, C.19.0156.F).

Spurwechsel im Falle von Arbeiten : Rechtsvorfahrt oder Manöver?

Das Fahrzeug A befährt eine Fahrspur, bevor er auf Arbeiten trifft, die ihn dazu zwingen auf eine andere Fahrspur in die gleiche Richtung zu wechseln.

 Handelt es sich hierbei um ein Manöver, was bedeuten würde, dass A den Verkehrsteilnehmern, auf der anderen Fahrspur, im Regelfall, immer die Vorfahrt gewähren müsste, oder gelten in diesem Fall andere Verkehrsregeln?

 Der Kastrationshof hat entschieden, dass in einem solchen Fall die Rechtsvorfahrt gilt. Dies bedeutet, dass, wenn A von einer rechten Fahrbahnspur auf eine linke Fahrbahnspur wechseln möchte, er Vorfahrtsberechtigt ist (Kass., 22/03/2021, C.20.0298.N).

Zur Entgegenhaltbarkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Es ist in Belgien grundsätzlich nicht verboten sich auf die klein gedruckten allgemeinen Bedingungen zu berufen, um von seinem Vertragspartner die Erfüllung einer Verpflichtung zu einzufordern.

 Die belgischen Gerichte verlangen jedoch, dass, damit ein Gläubiger sich auf diese allgemeinen Vertragsbedingungen berufen kann, er den Beweis erbringt, dass der Verpflichtungsschuldner die AGB zur Kenntnis nehmen konnte und mit ihnen einverstanden war.

 Der Kassationshof entschied, dass ein einfacher Verweis auf die AGB bei Vertragsabschluss nicht ausreicht, um diesen Beweis zu erbringen. Dies bedeutet, dass grundsätzlich, ein einfacher Verweis auf Bedingungen, die auf einer Internetseite zur Verfügung stehen, bzw. im Betriebssitz einsehbar sind, nicht ausreicht (Kass. 14/05/2021, C.20.0506.N).

Der Beleg der Minderjährigkeit ist eine freie Ermessensentscheidung des Grundrichters.

Im Regelfall können nur Volljährige für die Begehung von Straftaten belangt werden. Wie stellt man jedoch fest, ob eine Person, die bestreitet volljährig zu sein, tatsächlich minderjährig ist oder nicht?

 Der Kassationshof hat entschieden, dass, insofern kein spezifischer Beweismodus durch das Gesetz vorgesehen ist, der Grundrichter nach freiem richterlichen Ermessen entscheidet, ob eine Person volljährig oder minderjährig ist. (Kass., 16/02/2022, P. 21.1153.F).

Der Verkehrsteilnehmer, der vor Ort bleibt, kann Fahrerflucht begehen!

Eine Person, die einen Unfall verursacht hat, kann wegen Fahrerflucht verurteilt werden, obwohl sie vor Ort bleibt, wenn sie sich den Beamten nicht als Fahrer des Unfallswagens bekannt gegeben hat. Diese Verpflichtung schändet auch nicht den Grundsatz, dass man nicht verpflichtet werden darf, sich selbst zu beschuldigen (Kass., 22/02/2022, P. 21.1433.N).

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