Spurwechsel im Falle von Arbeiten : Rechtsvorfahrt oder Manöver?

Das Fahrzeug A befährt eine Fahrspur, bevor er auf Arbeiten trifft, die ihn dazu zwingen auf eine andere Fahrspur in die gleiche Richtung zu wechseln.

 Handelt es sich hierbei um ein Manöver, was bedeuten würde, dass A den Verkehrsteilnehmern, auf der anderen Fahrspur, im Regelfall, immer die Vorfahrt gewähren müsste, oder gelten in diesem Fall andere Verkehrsregeln?

 Der Kastrationshof hat entschieden, dass in einem solchen Fall die Rechtsvorfahrt gilt. Dies bedeutet, dass, wenn A von einer rechten Fahrbahnspur auf eine linke Fahrbahnspur wechseln möchte, er Vorfahrtsberechtigt ist (Kass., 22/03/2021, C.20.0298.N).

Zur Entgegenhaltbarkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Es ist in Belgien grundsätzlich nicht verboten sich auf die klein gedruckten allgemeinen Bedingungen zu berufen, um von seinem Vertragspartner die Erfüllung einer Verpflichtung zu einzufordern.

 Die belgischen Gerichte verlangen jedoch, dass, damit ein Gläubiger sich auf diese allgemeinen Vertragsbedingungen berufen kann, er den Beweis erbringt, dass der Verpflichtungsschuldner die AGB zur Kenntnis nehmen konnte und mit ihnen einverstanden war.

 Der Kassationshof entschied, dass ein einfacher Verweis auf die AGB bei Vertragsabschluss nicht ausreicht, um diesen Beweis zu erbringen. Dies bedeutet, dass grundsätzlich, ein einfacher Verweis auf Bedingungen, die auf einer Internetseite zur Verfügung stehen, bzw. im Betriebssitz einsehbar sind, nicht ausreicht (Kass. 14/05/2021, C.20.0506.N).

Der Beleg der Minderjährigkeit ist eine freie Ermessensentscheidung des Grundrichters.

Im Regelfall können nur Volljährige für die Begehung von Straftaten belangt werden. Wie stellt man jedoch fest, ob eine Person, die bestreitet volljährig zu sein, tatsächlich minderjährig ist oder nicht?

 Der Kassationshof hat entschieden, dass, insofern kein spezifischer Beweismodus durch das Gesetz vorgesehen ist, der Grundrichter nach freiem richterlichen Ermessen entscheidet, ob eine Person volljährig oder minderjährig ist. (Kass., 16/02/2022, P. 21.1153.F).

Der Verkehrsteilnehmer, der vor Ort bleibt, kann Fahrerflucht begehen!

Eine Person, die einen Unfall verursacht hat, kann wegen Fahrerflucht verurteilt werden, obwohl sie vor Ort bleibt, wenn sie sich den Beamten nicht als Fahrer des Unfallswagens bekannt gegeben hat. Diese Verpflichtung schändet auch nicht den Grundsatz, dass man nicht verpflichtet werden darf, sich selbst zu beschuldigen (Kass., 22/02/2022, P. 21.1433.N).

Verfassungsgerichtshof äußert sich erneut zur Legalität der Coronamaßnahmen

Bevor in Belgien ein Pandemiegesetz verabschiedet wurde, beruhten die Coronamaßnahmen vor allem auf einem Gesetz vom 15. Mai 2007 bezüglich der zivilen Sicherheit.

Dieses Gesetz, welches in Folge der Ghisleghien-Katastrophe verabschiedet worden war, befugt den Innenminister in gefährlichen Situationen Maßnahmen zu ergreifen, um die Bevölkerung zu schützen. Die Missachtung dieser Maßnahmen kann strafrechtlich verfolgt werden.

Verschiedene Gerichte hatten Bedenken, dass diese Gesetzgebung als gesetzliche Grundlage für Coronamaßnahmen, bzw. für Strafmaßnahmen bei deren Missachtung dienen konnte. Sie stellten dem Verfassungsgerichtshof demnach Vorabentscheidungsfragen.

In einem Entscheid Nr. 170/2022 vom 22. Dezember 2022 hält der Verfassungsgerichtshof fest, dass die Anwendung des Gesetzes vom 15. Mai 2007 im Rahmen der Coronapandemie größtenteils im Einklang mit der Verfassung stand.

Hingegen müsse das Gesetz so ausgelegt werden, dass es dem Strafrichter erlaubt, mildernden Umständen Rechnung zu tragen.

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