Der Kassationshof präzisiert die Verpflichtungen der Polizisten im Rahmen der Alkoholkontrollprozedur im Straßenverkehr:

Die Alkoholkontrollprozedur im Straßenverkehr wird unter anderem durch einen königlichen Erlass vom 21. April 2007 geregelt. Dort steht unter anderem geschrieben, dass, wenn ein Autofahrer in eine Alkoholkontrolle gerät, er das Recht hat, wenn die erste Atemanalyse den Grenzwert überschreitet, eine 2. Atemanalyse fordern kann.

Vor der niederländischsprachigen Strafkammer des Gerichts Erster Instanz Brüssel stellte sich die Frage, ob der Beamte den Fahrer ausdrücklich darauf aufmerksam machen muss, dass er das Recht auf eine 2. Atemanalyse hat und, ob das Gericht aus dem Umstand, dass die Polizisten im Protokoll aufführen, dass der Prozedur, wie sie durch den Erlass vom 21. April 2007 vorgesehen ist, Genüge getan wurde, ableiten können, dass wirklich sämtliche Garantien, die in dieser Bestimmung verankert sind, respektiert wurden.

Das eben genannte Strafgericht entschied in diese Richtung und der Kassationshof bestätigte dieses Urteil.

Daraus folgt, dass die Beamten weder eine Verpflichtung haben den Kontrollierten auf das Recht eine zu fordern 2. Atemanalyse hinzuweisen müssen, noch etwas anders in ihrem Protokoll schreiben müssen als, dass den Bestimmungen des Erlasses vom 21. April 2007 Genüge getan wurde, damit die Rechtmäßigkeit dieser Prozedur nicht mehr infrage gestellt werden kann (Kass., 23/02/2021, P. 20.1209.N).

Der Kassationshof definiert den Verkehrsunfall

Ist eine Person, die in einen Bus einsteigt und die sich dabei verletzt, Opfer eines Verkehrsunfalls und kann somit auf eine Entschädigung in Anwendung des Gesetzes bezüglich der schwachen Verkehrsteilnehmer (Artikel 29 bis des Gesetzes vom 21/11/1989 bezüglich der Kraftfahrzeugspflichtversicherung) pochen?

Der Kassationshof vertritt diese Meinung.

In einer Angelegenheit, in der eine Person sich beim Einsteigen in den Bus verletzt hat, entschied der Kassationshof, dass es sich hierbei um einen Verkehrsunfall handelt, was bedeutet, dass das Polizeigericht zuständig ist und, wenn die anderen Voraussetzungen erfüllt sind, eine Entschädigung in Anwendung des Artikels 29bis, der die schwachen Verkehrsteilnehmer schützt, zu zahlen ist (Kass., 5/06/2020, C.18.0432.F).

Verurteilung wegen Fahrens unter Alkoholeinfluss ist möglich, obwohl die Polizisten den Verurteilten nicht haben fahren sehen

Zwei Polizisten fanden eine offensichtlich angetrunkene Person schlafend hinter dem Steuer eines Autos vor.

Das Strafgericht HENEGAU, Abteilung CHARLEROI, verurteilte diese Person als betrunkener Fahrer am Steuer.

Vor dem Kassationshof warf der Verurteilte auf, dass er mit dem Auto nicht gefahren sei und somit nicht verurteilt werden könne.

Diese Argumentation verwarf der Kassationshof.

Es reicht, so der Kassationshof, dass, aufgrund der festgestellten Elemente, die Richter sicher waren, dass die Person, die sie verurteilen unter Alkoholeinfluss gefahren ist, auch wenn die Polizisten dies nicht gesehen haben.  In diesem Fall war der Schlüssel eingesteckt, der Kontakt vorhanden, die Bremslichter an, was die Richter dazu bewogen hat zu schlussfolgern, dass die entsprechende Person gefahren sein muss. (Kass., 14/10/2020, P.200557.F)

Verfassungsgerichtshof: Sanktionierender Beamter muss die Möglichkeit haben einen Strafaufschub oder eine Aussetzung der Strafverkündung zu gewähren.

Der Gemeinderat kann für gewisse Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung kommunale Verwaltungssanktionen anstelle einer strafrechtlichen Verfolgung vorsehen.

Dies gilt beispielsweise bei Falschparken oder -halten oder dem Befahren einer Fußgängerzone.

In solchen Fällen entscheidet ein sanktionierender Beamter über die Folgen des Verstoßes. Bisher ging man davon aus, dass er in diesem Zusammenhang keinen Strafaufschub, bzw. keine Aussetzung der Strafverkündung gewähren durfte.

Diese Auslegung ist laut Verfassungerichtshof (Entscheid Nr. 56/2020 vom 23. April 2020) jedoch diskrimierend, da im Rahmen einer Strafverfolgung ein Strafgericht die Möglichkeit hätte, einen solchen Aufschub oder eine solche Aussetzung zu gewähren.

Die bestehende Gesetzgebung muss daher so ausgelegt werden, dass sie einem sanktionierenden Beamten (und im Einspruchsverfahren dem Polizeigericht) erlaubt, entsprechende vorteilhafte Strafmodalitäten vorzusehen, auch wenn es sich lediglich um eine Verwaltungsstrafe handelt.

Handy am Steuer: Neues vom Kassationshof

Artikel 8.4 des königlichen Erlasses zur Festlegung der allgemeinen Ordnung über den Straßenverkehr und die Benutzung der öffentlichen Straße sieht folgendes vor:

„Der Führer eines Fahrzeugs darf ein tragbares Telefon nur benutzen und es dabei in der Hand halten, wenn sein Fahrzeug hält oder parkt“.

Aber was bedeutet „ein tragbares Telefon benutzen und es dabei in der Hand halten“?

Der Entscheid vom 14. Januar 2020 des Kassationshofes gibt Antwort auf diese Frage.

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