Die "Aufnahmekrise" in Belgien dauert an: Seit Monaten sind zahlreiche Asylbewerber mangels ausreichender Aufnahmeplätze auf sich selbst gestellt, bzw. auf die Solidarität der belgischen Zivilgesellschaft angewiesen. Viele leben auf der Straße.
Jeder Asylbewerber hat jedoch das Recht, eine sog. „materielle Hilfe“ in Form einer Unterbringung in einem Asylzentrum oder einer anderen Aufnahmestruktur zu erhalten.
FEDASIL ist deshalb bereits mehrere tausend Male verurteilt worden, einzelne Asylbewerber unterzubringen.
Entsprechenden Verurteilungen, selbst wenn sie mit einem Zwangsgeld versehen sind, kommt FEDASIL jedoch erst Wochen bis Monaten nach der Verurteilung nach.
Das Zwangsgeld hat sich als unzureichendes Druckmittel erwiesen, da FEDASIL als Einrichtung im öffentlichen Interesse über nahezu ausschließlich unpfändbare Sachen verfügt. FEDASIL hat also wenig zu befürchten, wenn es einer Verurteilung nicht zeitnah nachkommt.
Der Arbeitsgerichtshof Brüssel (Entscheid vom 28. September 2022) hat einem Asylbewerber, den FEDASIL unmittelbar unterbringen muss, daher die Möglichkeit eröffnet, sollte die Unterbringung nicht innerhalb von 48 Stunden erfolgt sein, sich an ein ÖSHZ zu wenden, um in Erwartung einer Unterbringung durch FEDASIL eine finanzielle Unterstützung in Form einer Sozialhilfe erhalten zu können.
Im Fachjargon spricht man von einer Nichtzuweisung/Streichung eines obligatorischen Eintragungsortes (Code 207).
Diese Rechtsprechung wurde u.a. in einem Entscheid vom 15. Dezember 2022 bestätigt.