Entscheidungs- und Mitteilungsfristen bei Anträgen auf Familienzusammenführung mit einem Unionsbürger

Aus der belgischen Gesetzgebung ergibt sich, dass das Ausländeramt sechs Monate hat, um einen Antrag auf Familienzusammenführung mit einem EU-Bürger zu bearbeiten.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Entscheid vom 27. Juni 2018 (C-246/17) klargestellt, dass das Ausländeramt innerhalb dieser Sechsmonatsfrist nicht nur über den Antrag auf Familienzusammenführung  entscheiden, sondern diese Entscheidung auch bekannt geben muss (Notifizierung).

Bislang ist in der belgischen Gesetzgebung vorgesehen, dass die Überschreitung der Sechsmonatsfrist zur Folge hat, dass dem Antragsteller automatisch eine Aufenthaltskarte (F-Karte) ausgestellt wird. Dies ist für den Europäischen Gerichtshof jedoch unionsrechtswidrig, da somit Personen eine Aufenthaltskarte ausgestellt werden könnte, die gar nicht die Aufenthaltsbedingungen erfüllen. Eine Aufenthaltskarte dürfe auch im Falle einer Überschreitung des Sechsmonatsfrist nur dann ausgestellt werden, wenn zuvor geprüft wurde, ob die Aufenthaltsbedingungen tatsächlich erfüllt sind. Mit andren Worten hätte die Überschreitung der Sechsmonatsfrist keine konkrete Folge. Der belgische Gesetzgeber hätte laut EuGH jedoch die Möglichkeit vorzusehen, dass die Überschreitung der Sechsmonatsfrist eine Ablehnung des Antrags bedeutet.

Eine weitere Frage, welche der Europäische Gerichtshof beantwortet hat, ist, ob das Ausländeramt, wenn dessen Ablehnungsentscheidung durch ein Gericht aufgehoben wird, wieder über eine volle Sechsmonatsfrist verfügt, um eine neue Entscheidung bezüglich des Antrags auf Familienzusammenführung zu treffen. Der EuGH ist der Ansicht, dass eine neue Sechsmonatsfrist ab Urteil, welches die Ablehnung für nichtig erklärt, das Recht des Familienmitglieds des Unionsbürgers verletzen würde in kürzester Zeit eine Aufenthaltskarte zu erhalten. Die neue Entscheidung müsse daher innerhalb einer „angemessenen Frist“ ab Urteil getroffen werden, wobei diese auf jeden Fall kürzer als sechs Monate sein müsse.

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