Verschiedenes vom Kassationshof

  • Vorfahrtsberechtigung abhängig von der Sichtbarkeit

Wenn die Vorfahrtsberechtigung keinen Bedingungen unterworfen ist, ist die Verpflichtung den vorfahrtsberechtigten Fahrer den Vortritt zu lassen generell und unabhängig von der Beachtung der Regeln der Straßenverkehrsordnung durch den vorfahrtsberechtigten Fahrer. Dieser Grundsatz ist jedoch abhängig davon, dass der Vorfahrtsschuldner den Vorfahrtsberechtigten sehen konnte, als er losfuhr. Wenn der Vorfahrtsschuldner aufwirft, dass, als er losfuhr, der Vorfahrtsberechtigte nicht zu sehen war und dieser nur aufgrund seiner hohen Geschwindigkeit plötzlich an dem Ort, an dem der vorfahrtsberechtigten war auftauchte, hat der Richter die Verpflichtung dieses Verteidigungsargument, welches dazu führen kann, dass der ursprüngliche Vorfahrtsschuldner für den Unfall nicht verantwortlich ist, zu prüfen (Kass., 27/112017, C.17.0233.F).

  • Intervention der Feuerversicherung bei Verstößen gegen die Urbanismusgesetzgebung

Nachdem ein Gericht entschieden hatte, dass eine Immobilie abgerissen werden müsse, weil diese nicht den Urbanismusbestimmungen entspricht, fing diese Feuer und brannte ganz nieder. Der Eigentümer der Immobilie verlangte daraufhin von seiner Feuerversicherung den Versicherungsbetrag. Die Versicherungsgesellschaft verweigerte die Auszahlung dieser Summe, weil letztere nur dafür da sei, das Vermögen des Versicherten wiederherzustellen. Die Versicherung war der Ansicht, dass, da die Immobilie sowieso hätte abgerissen werden müssen, dem Vermögen des Versicherten durch den Brand kein Schaden entstanden ist. Der Appellationshof Lüttich entschied, dass die illegal gebaute Immobilien, welche zerstört werden musste trotzdem einen Vermögens-und Wirtschaftswert behält und dass die Auszahlung der Entschädigungssumme rechtens bleibt, weil sie für den Wiederaufbau einer neuen Immobilie an einem anderen Ort genutzt werden kann und die gesetzlichen Bestimmungen auch vorsehen, dass mit dem ausgezahlten Geld nicht unbedingt neu gebaut werden muss. Der Kassationshof bestätigte diese Entscheidung (Kass., 17/11/2017, C.16.0126F).

  • Zeitpunkt der Verjährungsunterbrechung durch einen kontradiktorischen Antrag

In den Fällen, in denen das Arbeitsgericht mit einem kontradiktorischen Antrag befasst werden kann, kann dieser entweder zur Geschäftsstelle des Gerichtes geschickt werden oder dort hinterlegt werden. Daraus resultiert, dass, im Falle des Versands, die Verjährungsunterbrechende Wirkung des Antrags an dem Tag eintritt, an dem das Schriftstück verschickt wurde und nicht erst, wenn es beim Gericht angekommen ist (Kass., 13/11/2017, S.17.0028.F).

 

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